Samstag, 3. Dezember 2022

Maria Bosse-Sporleder: Im Kielwasser der Zeit

Autofiktionale Geschichten. Erzählungen. Derk-Janßen-Verlag, Freiburg / Breisgau 2022. 176 Seiten,
ISBN: 978-3-938871-22-5, 18 Euro. 

Verlagsinfo:
Die Texte in Im Kielwasser der Zeit − überwiegend Kurzgeschichten − gliedern sich in zwei Sektionen: „Herkunft“ und „Begegnung“. In „Herkunft“ ist der Blick auf Estland gerichtet, das Land, in dem die Autorin geboren wurde, das sie als Kind verlassen musste und in das sie nach 1991 zurückkehrte und in verschiedenen Aufgaben tätig war. „Herkunft“ thematisiert Familienvergangenheit, rekonstruiert und imaginiert Lebensläufe der Vorfahren. Die politische und gesellschaftliche Entwicklung unter kurzer deutscher und sehr langer sowjetischer Besatzungszeit durchdringt das Erzählte. „Begegnung“ fängt Momente ein, in denen intensiver Kontakt zwischen Menschen entsteht; es wird deutlich, wie sich Begegnungsweisen in den vergangenen 60 Jahren verändert haben.

Dienstag, 29. November 2022

Laurynas Katkus: Schwankende Schatten

Roman. Aus dem Litauischen von Markus Roduner. Klak-Verlag, Berlin 2022, 210 Seiten, ISBN 978-3-948156-64-0, 19,90€.

Verlagsinfo:
Der junge Philologe Vytautas, auf der Suche nach seinem Platz in der wissenschaftlichen Welt, verliert seinen Job als Dozent. Sein größter Lichtblick sind die Briefe eines baltendeutschen Abenteurers vom Anfang des 20. Jahrhunderts, in dessen Geschichten er sich spiegelt. Auf der Suche nach Glück durchstreift er seine Stadt Vilnius und macht sich wie viele seiner Generation als Saisonarbeiter mit Freunden auf den Weg nach Deutschland.
Schwankende Schatten, das erste Prosawerk des litauischen Dichters und Essayisten Laurynas Katkus, ist eine subtile Geschichte über die Macht unbändiger Fantasie und die Suche nach Sinn in einer scheinbar unendlich freien Welt.

Montag, 28. November 2022

Jens U. Boettcher: Das Treffen

Dokumentation von Victor E. Wunderlich. Zweite, erweiterte Auflage. Old Salt Publishing, Lilienthal 2022 (Book on Demand, Norderstedt). 400 Seiten, ISBN 9783982484808, 17,80 Euro. 

Verlagsinfo: April 1939. Ein junger lettischer Hobbyfotograf wird an der Ostsee bei Riga von einem älteren Unbekannten angesprochen, der sich an seiner Architekturfotografie interessiert zeigt. Bei einem zweiten Treffen am folgenden Tag bittet der elegant gekleidete Unbekannte den jungen Mann um Unterstützung bei der Beschaffung eines geeigneten Orts für ein höchst geheimes Treffen zweier hochrangiger ausländischer Delegationen. Als der Jüngere Hilfsbereitschaft signalisiert, wird er vom Älteren auch gleich zur Betreuung der als sehr klein angekündigten Delegationen engagiert.
Nach dem Krieg lässt Stalin, der um jeden Preis verhindern will, dass das Treffen bekannt wird, nach dem Mann suchen. Im März 1953 wird er endlich in Riga geschnappt.
Zehn Jahre nach seinem Tod findet sein Sohn, ein ausgeprägt national gesinnter deutscher Geschichtsprofessor, die Unterlagen über das Treffen.  Er erkennt darin sofort das noch fehlende Puzzlestück, das endlich Klarheit darüber verschafft, wie Hitler und Stalin wirklich zueinander standen, warum der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt in so atemberaubend kurzer Zeit zustande kommen konnte, warum Stalin nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion im Juni 1941 zuerst an ein Kommunikationsfoul seiner Generäle glaubte, und welche Rolle dabei ausgerechnet ein deutscher Schulatlas spielte.  Darüber hinaus entdeckt er die wahre Identität des Vaters und muss zudem erkennen, dass auch er nicht der ist, für den er sich sein Leben lang gehalten hat. Er veröffentlicht die Aufzeichnungen und landet einen Sachbuch-Bestseller.
Der unvermeidlichen zweiten Auflage fügt er noch einiges hinzu - über seine Mutter zum einen, zum anderen aber darüber, wie in den Medien zuweilen mit der Geschichte umgegangen wird.

Mittwoch, 16. November 2022

Andrejs Urdze: Geschichte Annabergs und des BCSB / BCB

Bonn, Oktober 2022, Selbstverlag. Erhältlich beim Herausgeber.

Informationen zum Buch:
Der Baltische Christliche Bund e.V. feiert 2022 sein 75-jähriges Bestehen und gleichzeitig ist das "Haus Annaberg" seit 70 Jahren im Besitz des BCB. Anlässlich dieses doppelten Jubiläums erscheint dieses Buch, das auf die verschiedenen Etappen der Geschichte des Bundes, sowie auch des Hauses zurückblickt. 

Damit ist ein Projekt zu einem gewissen Abschlusses gebracht worden, das bereits vor mehr als 50 Jahren begonnen wurde. Einer der Gründungsmitglieder des damaligen Christlichen Studentenbundes - Paulis Kļaviņš hatte bereits in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts Material über die ersten Jahre des BCSB zusammengetragen und verfasst. Frau Dr. Rudzīte hat diese Arbeit anschließend fortgesetzt, ohne dass es aber zu einer Veröffentlichung gekommen ist. Deren Arbeit bildet so aber die Grundlage der Anfangskapitel dieses Buches. Die Quellen zur Vorgeschichte Annabergs sind gesondert aufgeführt. 

Eine wichtige Quelle über die Jahre des Aufbruchs und das weitere Werden des Bundes, über die Anfangsjahre Annabergs war die lettischsprachige Zeitschrift des BCSB "Vēstnesis" (Der Bote). Hinzu kamen zahlreiche Protokolle, Kongressberichte, Briefe, Rundschreiben des BCSB, sowie Mitschriften von Frau Dr. Rudzīte. Der Darstellung der litauischen Aktivitäten auf Annaberg lagen einige Artikel der litauischen Zeitschrift des BCSB "Annabergo lapelis" (Das Annaberger Blättchen) zugrunde, sowie längere Berichte von Arthur Hermann, die in den Annaberger Annalen veröffentlicht wurden. Lebendig gemacht wurde die jeweilige Atmosphäre durch diverse Aussagen in Interviews, die ich in den letzten 15 Jahren mit Zeitzeugen geführt habe. 

Auch die Betrachtungen der Wendezeit fußen zum Teil noch auf Materialien der genannten Zeitschriften des BSCB, dann aber, vor allem was die politischen Aktivitäten anbetrifft, auf eigene Erfahrungen und Erinnerungen. 

Das geistige Leben der Nachwendezeit wurde teilweise durch Ausführungen zu den Kongreß- und Tagungsprogrammen des BCSB, sowie durch Auszügen aus Vorträgen sichtbar gemacht. Die Bedeutung Annabergs sowohl als baltisches Zentrum kam sehr gut durch Transkriptionen entsprechender Würdigungen auf dem Jubiläumskongress 2002 zum Ausdruck. Wie schon zuvor, so konnte auch die Nachwendezeit durch Interviews anschaulich und lebendig gemacht werden, die schließlich in den Annaberger Impressionen ihren Niederschlag fanden. 

Mit diesem Buch liegt erstmals eine Darstellung der sozialen, wirtschaftlichen und strukturellen Entwicklungsprozesse auf Annaberg vor, sowie eine Geschichte des Baltischen Christlichen Studentenbundes, der 2010, mangels studentischer Mitglieder, ofiziell in Baltischer Christlicher Bund (BCB e.V.) umbenannt wurde.

Freitag, 14. Oktober 2022

Schirin Nowrousian: Wilna-Worte

Vilniaus žodžiai. Übersetzung: Austėja Merkevičiūtė. Verlag Schiler & Mücke, Berlin / Tübingen 2022. Zweisprachig deutsch-litauisch, teilweise zusätzlich französisch und mit einem Gedicht in englisch. 114 Seiten, ISBN 9783899304541, 18.00 €. 

Verlagsinfo: Wilna-Worte ist eine Hommage an die Haupt­stadt Litauens, an deren Ein­wohner und an Schirin Now­rou­­sians eigene Zeit vor Ort. Drei volle Jahre hat die Lyrikerin im Herzen von Vilnius gelebt und gewirkt, hat zahl­reiche Men­schen kennengelernt und uner­müdlich die Straßen, Gassen und Höfe der Stadt sowie die Außenbezirke und umlie­gen­den Orte durchstreift. Der Blick aus ihrem Küchen­fenster fiel auf den Ort, wo einst die große Synagoge von Vilnius stand.
Der Band besingt und feiert auf vielfältige Weise Vilnius und seine Menschen und er endet (und beginnt zugleich) mit einem Ab­schieds­text, der in Juodkrantė auf der kurischen Nehrung ent­standen ist und eine Art Traum-Ver­sprechen dar­stellt: das Versprechen nämlich einer Fortsetzung ihres Gesangs – ein Ein­stimmen auf das Besingen vieler weiterer Orte des süd­lichsten der drei baltischen Länder.

Schirin Nowrousian, geboren 1975 in Bochum, ist Lyrikerin, Autorin und Übersetzerin (aus dem Eng­lischen, Französischen und wei­te­ren romanischen Sprachen). Sie ist Rezita­to­rin, Mode­­ra­torin, Dramatur­gin, Sprach­lehrerin und Forscherin. Neben Deutsch ist Französisch ihre Leib- und Lebens­sprache. Der leben­dige Umgang mit Sprachen begleitet sie, wohin auch immer es sie trägt. Von September 2014 bis August 2017 forschte und lehrte sie am Lehrstuhl für Deutsche Philolo­gie an der Universität Vilnius in Litauen. Sie lebt bei Bremen auf dem Land.

Dienstag, 13. September 2022

Denise von Weymarn-Goldschmidt: Von Konkurrenten und Lieblingen

Geschwisterbeziehungen im deutschbaltischen Adel des 18. und 19. Jahrhunderts. Reihe:
Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Band 28, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. ISBN: 978-3-447-11865-1, 219 Seiten, 35.00 Euro (D) / 36.00 Euro (A). 

Verlagsinfo:
Bis anhin herrschte in der Familiengeschichte vorwiegend eine vertikale, hierarchische Perspektive. Anhand von autobiografischen Schriften deutschbaltischer Adliger untersucht Denise von Weymarn-Goldschmidt die horizontale Ebene in Familiengefügen, nämlich die Geschwisterbeziehungen. Dabei unterscheidet sie zwischen Vollgeschwistern, Halbgeschwistern, Stiefgeschwistern und illegitimen Kindern. Gerade der Umgang mit den illegitimen Kindern verdeutlicht den Unterschied zwischen nominellem und gelebtem Familienverständnis. Fokussiert wird zudem der häufig große Altersunterschied zwischen den Kindern, wodurch die Geschwister teilweise erst im Erwachsenenalter miteinander vertraut wurden. Weitere Themenfelder, die die Familien prägten, sind Lieblingskinder, Aufwachsen von Geschwistern in getrennten Haushalten, das gemeinsame Wohnen von erwachsenen Geschwistern und der Umgang mit dem Tod von Geschwistern. Der große Altersunterschied zwischen den Geschwistern führte zu Generationenverschiebungen und in einigen Fällen zu Ehen zwischen Onkeln und Nichten. Die Folgen für das familiäre Machtgefüge bei einer generationenübergreifenden Ehe und die (fehlenden) Bezüge zum Inzestdiskurs werden genauso diskutiert wie die Rolle von Onkeln und Tanten. Die vorliegende Untersuchung von Geschwisterbeziehungen liefert ein neues Element zum Verständnis historischer Familienformen.

Freitag, 9. September 2022

Zigmunds Skujiņš: Das Bett mit dem goldenen Bein

Roman, aus dem Lettischen übersetzt und mit Anmerkungen von Nicole Nau, mit einem Nachwort von Judith Leister (lettischer Originaltitel: "Gulta ar zelta kāju"). Mare Verlag, Hamburg 2022. ISBN: 978-3-86648-658-4, 608 Seiten, 48.00 Euro. 

Verlagsinfo:
Zunte, ein lettischer Küstenort im ausgehenden 19. Jahrhundert: Noass Vējagals zieht es vom elterlichen Hof aufs Meer und in ferne Länder, während sein Bruder Augusts den heimischen Boden bestellt und mit Noass’ Frau einen Sohn zeugt. Dieser stirbt früh, derweil Noass’ leibliche Tochter Leontıne sich zur rebellischen Schönheit entwickelt und mit ihren Eskapaden nicht nur den eigenen Ruf aufs Spiel setzt. Davon unbeirrt fährt ihr Vater weiter zur See und häuft Reichtümer an, um der Familie ein großes Stadthaus zu bauen. Doch Hochzeiten, Kriege und Revolutionen treiben Kinder und Kindeskinder der Vējagali fort von Zunte. Jahrzehnte nach dem Bau seines Hauses stirbt Noass dort ganz allein, und im Ort verbreitet sich eine Legende: Seine Reichtümer müssen sich noch immer auf dem familiären Anwesen befinden, versteckt in einem hölzernen Bettpfosten.
Zigmunds Skujiņš erzählt überbordend und mit feinem Schalk vom wechselvollen Schicksal des lettischen Volks. Seine liebevollen, fein ausgearbeiteten Figurenzeichnungen weisen ihn als großen Menschenfreund und -kenner aus.

Zigmunds Skujiņš (sprich: Skuiensch) wurde 1926 in Riga geboren. Nach Anfängen im Journalismus wandte er sich ganz dem literarischen Schreiben zu. Zu seinem Werk gehören zahlreiche Romane und mehrere Erzählbände sowie Theaterstücke, Drehbücher und Essays. Skujiņš ist einer der renommiertesten Schriftsteller seines Landes. Sein Werk wurde in viele europäische Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Das Bett mit dem goldenen Bein (1984) gilt als sein größter Erfolg. Skujiņš starb im März 2022 in Riga.

Donnerstag, 8. September 2022

Martin Kulinna: Leben am Meer. Entlang der Ostsee.

Fotografien. Mitteldeutscher Verlag, Halle / Saale 2022. ISBN 978-3-96311-622-3, 152 Seiten 240 × 300 mm, 28,00 Euro. Mit Texten von Heike Sommer, Wolfgang Sommer, André Meier, Frank Brehe, Andreas H. Apelt, Paul Kein und Martin Kulinna.

Verlagsinfo: Seit 30 Jahren zieht es den Fotografen Martin Kulinna immer wieder an die Ostsee. Ihn reizt das Spiel der Elemente: Wasser, Himmel, Erde. Die Ostsee – das Mare Balticum – ist ein Binnenmeer des Atlantiks in Europa. An seinen Küsten leben circa 70 Millionen Menschen, die eine wechselvolle Geschichte miteinander verbindet. Das Land an der Ostsee ist weit. Keine hohen Berge und Gebirge verstellen die Sicht auf das Meer, der Himmel ist blau mit einem unverwechselbaren Grau, welches nur hier zu finden ist. Das Meer hinterlässt Spuren. Es prägt die Menschen genauso wie die Architektur an seinen Küsten. Der Bildband zeigt ausgewählte Orte und Situationen der Ostsee: etwa die motorradfahrenden Frauen auf der Insel Kihnu, die ihren Alltag auf der Insel meistern, während ihre Männer auf See sind oder auf dem Festland arbeiten; die Felsformationen auf der schwedischen Insel Fårö oder die breiten Bernsteinstrände von Lettland.

Samstag, 13. August 2022

Kätlin Kaldmaa: Lydia

Ein aussergewöhnliches Mädchen aus Estland, illustriert von Jaan Rõõmus. Aus dem Estnischen von Maximilian Murmann, Baobab Books, Basel 2022. 23.80 CHF / [D] 19,50 € / [A] 20,10 €. ISBN 978-3-907277-15-7, ab 8 Jahren. Originalausgabe: «Lydia» © 2021 Hunt Kirjastus, Tallinn, Estland

Verlagsinfo:
Lydia kennt in Estland sprichwörtlich jedes Kind: Die Gedichte der Autorin Lydia Koidula gehören im Land zum Schulstoff, ihre Lieder werden an grossen Volksfesten gesungen.
Doch von vorne: Lydia kommt 1843 in Värna zur Welt. Den estnischen Staat, wie wir ihn heute kennen, gibt es zu dieser Zeit noch nicht. Das Gebiet steht unter der Herrschaft des russischen Zaren. Von der Mutter lernte Lydia Deutsch. Ihr Vater wiederum wirkte als Lehrer und Journalist und gründete die erste Tageszeitung in estnischer Sprache. Wörter, Sprache, Geschichten und Gedichte werden Lydias Leidenschaft. Schon früh setzt sie sich aber auch für Freiheit und Selbstbestimmung ein – das estnische Volk wird seit Jahrhunderten von fremden Mächten unterdrückt.
Lydias Wunsch an der Universität zu studieren geht nicht in Erfüllung, Frauen sind zum Studium nicht zugelassen. Aber Lydia wird Lehrerin und mit 20 Jahrren die rechte Hand des Vaters in der Zeitungsredaktion. Mit 22 veröffentlicht sie ihr erstes Buch, mit 25 Jahren organisiert sie das erste estnische Sängerfest. Sie setzt sich nicht nur für die Selbstbestimmung der Esten ein, sondern steht für Weltoffenheit, lernt Finnisch, heiratet einen Letten und lässt sich im russischen Kronstadt nieder. Als ihre Kinder sie eines Tages fragen, wo sie zu Hause sei, sagt Lydia: «Mein Herz ist auf der ganzen Welt verteilt.»
Die Unabhängigkeit Estlands erlebt Lydia Koidula selbst nicht mehr. Doch ihre Werke leben bis heute weiter. Geschickt bettet die Autorin Kätlin Kaldmaa die persönliche Lebensgeschichte in die wechselvolle Geschichte des Landes ein. Dabei setzt sie den Schwerpunkt auf das Kind und die Jugendliche Lydia und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart, das Persönliche mit dem Universellen. Jaan Rõõmus’ Illustrationen sind federleicht und kraftvoll zugleich und setzen Lydias Geschichte lyrische Akzente auf.

Die Autorin: Kätlin Kaldmaa (*1971) ist eine estnische Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. Bereits in ihrer Kindheit in der estnischen Provinz waren Bücher ihre große Leidenschaft – und eine gute Erklärung, wenn sie wieder einmal mit der Gartenarbeit nicht fertig geworden war. Später studierte sie estnische Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Englisch. Ihre zahlreichen eigenen Publikationen umfassen Gedichtbände, Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Dem Buch »Lydia« liegt eine mehrjährige Recherche zugrunde.

Der Illustrator: Jaan Rõõmus (*1990) hat Graphic Design an der Estnischen Akademie der Künste studiert. Er ist ein Illustrator, der gerne mit unterschiedlichen Techniken und Stilen experimentiert, um für jedes seiner Werke den passenden Ausdruck zu finden. Er setzt von der traditionellen Füllfeder und Tinte bis zur digitalen Technik alles ein, um seine vielseitigen Werke lebendig werden zu lassen. Jaan Rõõmus lebt und arbeitet in Tallinn.

Samstag, 11. Juni 2022

Bednarczuk / Rutz: Das historische Litauen als Perspektive für die Slavistik

Verflochtene Narrative und Identitäten. Herausgeber: Monika Bednarczuk, Marion Rutz. Band 13 der Reihe Interdisziplinäre Studien zum östlichen Europa. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. 320 Seiten, ISBN 978-3-447-11842-2, 78,00 Euro [D] / 80,20 Euro [A]

Verlagsinfo:
Hinter dem Schlagwort ‚historisches Litauen‘ verbirgt sich ein riesiges Forschungsfeld, das faszinierende Perspektiven bereithält – nicht nur für Geschichtswissenschaft und Baltistik, sondern auch und gerade für die Slavistik.
Im Großfürstentum Litauen fanden im Mittelalter litauische und ostslawische Elemente zu einer Synthese. Das Vielvölkerreich stieg zusammen mit dem Königreich Polen auf zur europäischen Großmacht, bevor beide am Ende des 18. Jahrhunderts geteilt wurden. Im 19. Jahrhundert kanalisierte sich Widerstand gegen die russische Fremdherrschaft in zwei politischen Projekten, die auch das literarische Leben entscheidend prägten. Der Wunsch nach einer Restitution der polnisch-litauischen Rzeczpospolita und das Festhalten an der polnischsprachigen Leitkultur konkurrierten mit dem Streben einzelner Kollektive nach kultureller Identität und politischer Emanzipation. Heute steht der Erinnerungsort ‚historisches Litauen‘ für eine gemeinsame europäische Vergangenheit, die vor dem Hintergrund der niedergeschlagenen belarusischen Revolution und dem russischen Angriff auf die Ukraine Solidarität stiftet.
Die lange Zeit von kommunistischer Zensur und nationalen Narrativen geprägte Forschungslandschaft hat in den letzten Jahren begonnen, die vielfältigen litauisch-belarusisch-polnisch-ukrainischen Verflechtungen wiederzuentdecken und ihre Bedeutung neu zu diskutieren.

Samstag, 14. Mai 2022

Jānis Joņevs: Jelgava 94

Roman. Aus dem Lettischen von Bettina Bergmann. Parasitenpresse, Köln 2022. 330 Seiten, Preis: 18,- €

Verlagsinfo:
Jelgava 94 ist der Kultroman aus Lettland. Es ist eine witzige Coming-of-Age-Geschichte eines Jungen, der in Jelgava – einer Stadt in der lettischen Provinz – aufwächst, erst Nirvana, dann die Metal-Szene für sich entdeckt und neue Freundschaften schließt. Es ist aber auch ein fast dokumentarisches Portrait des Lebens im post-sowjetischen Lettland der 1990er Jahre, das Portrait einer Generation, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist und Teil einer Jugendkultur sein möchte.
Jānis Joņevs entführt den Leser in eine skurrile Welt: in die Provinz, die den Aufbruch spürt, zu den Jugendlichen, die auf die großen Ereignisse in ihrem Leben warten, in die aufgelassenen Bunker, in denen Konzerte stattfinden, und zu den versteckten Tauschbörsen für Musik-Kassetten. Er erzählt als Beobachter, der mitten drin im Geschehen steckt, aber dann auch den Abstand gewinnt, um mit einem Hauch Nostalgie auf die Ereignisse und die Zeit zurückzublicken.
Als Joņevs‘ Debütroman 2014 in Lettland erschien, erwies sich das Buch schnell als großer Erfolg und nationaler Bestseller. Mittlerweile wurde er ins mehrere Sprachen, u.a. ins Englische, Französische und Spanische, übersetzt. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Bettina Bergmann. 2014 erhielt Joņevs den Literaturpreis der Europäischen Union für Jelgava 94.

Sonntag, 1. Mai 2022

Christofer Herrmann / Birgit Aldenhoff (Hg.): Livland im Mittelalter

Geschichte und Architektur. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2022. 144 Seiten, ISBN 978-3-7319-1217-0, 24,95 Euro.

Verlagsinfo:
Auf dem Gebiet der heutigen Länder Estland und Lettland existierte vom 12. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts ein Verbund christlicher Kreuzfahrerstaaten unter der Führung des Deutschen Ordens und des Erzbischofs von Riga. Von dieser Epoche zeugen noch heute zahlreiche Denkmäler mittelalterlicher Baukunst – Burgen, Kirchen und Städte. In dem reich bebilderten Band werden in sechs Beiträgen eine historische Einführung in die faszinierende Geschichte Livlands gegeben und bedeutende Bauten der Region vorgestellt.
Mit Beiträgen von Bernhart Jähnig, Alexander Baranov, Christofer Herrmann, Agnese Bergholde-Wolf, Villu Kadakas und Ojārs Spārītis.

Freitag, 1. April 2022

Tomas Venclova: Variationen über das Thema Erwachen

Gedichte. Übersetzt aus dem Litauischen von Cornelius Hell. Mit einem Nachwort von Michael Krüger. Edition Lyrik Kabinett bei Hanser. 112 Seiten, Hanser Verlag, München 2022, ISBN 978-3-446-27298-9, 20,00 € (D) 20,60 € (A)

Verlagsinfo:
Tomas Venclova ist einer der großen Dichter unserer Zeit. In seiner Heimat Litauen erlebte er den langen Winter des Totalitarismus, wegen seiner kritischen Haltung kam er in Bedrängnis. Es folgten Exil, Reisen und Heimkehr – die Lebensthemen seiner Lyrik –, doch als dieser unfreiwillige Weltbürger schließlich zurückkehrte, war das Land ein anderes. Was unverändert blieb, ist die rettende Kraft der Sprache. Stets beruft sich Venclova auf die Tradition der europäischen Literatur – von der griechischen Klassik bis zur Moderne. Lakonie, kristallklare Eleganz und feiner spöttischer Witz zeichnen seine Poesie aus, jene „unwirkliche Wirklichkeit", die sich unauflöslich mit der Erfahrung der Welt verwebt.

Und

Freitag, 25. März 2022

Rima Karaliene: Rudern durch den Stacheldrahtzaun

Tatsachenroman. Übersetzt von Hans-Heinrich Busse. Umschlagentwurf: Saulius Bajorinas, Layout Rima Karaliene. Im Litauischen Original "Irklais pro spygliuotą tvorą", Versus Aureus Leidykla, Vilnius 2017. Deutsche Ausgabe im Selbstverlag 2021.

Info zum Buch: 

Im Herbst des Jahres 1961 gewannen neun junge Litauer - aus dem Ruderverein Žalgiris Vilnius die Meisterschaften der UdSSR im Achter und wurden in die sowjetische Nationalmannschaft eingeladen. Obwohl sie sehr wichtige internationale Wettkämpfe vor sich hatten, wurden sie von den Echos der Nachkriegszeit auf Schritt und Tritt verfolgt. Die politischen Meinungen ihrer Eltern oder Angehörigen, ihre Zusammenarbeit mit Partisanen und ihre Beziehungen zum Militär des vorher unabhängigen Litauens waren Gründe für den KGB, sie daran zu hindern, ins Ausland zu reisen oder sie sogar aus der Mannschaft auszuschließen. So über Bord geworfen, bildeten die jungen Männer neue Mannschaften, bereiteten sich auf Wettbewerbe vor und starteten auf Regatten innerhalb der UdSSR. Dank der Beharrlichkeit, der Entschlossenheit der Ruderer und durch glückliche Zufälle hob der KGB im Jahr 1963 seine Beschränkungen für internationale Reisen auf. Sie konnten sich schließlich durchsetzen und gewannen das Recht, 1964 an den Olympischen Spielen in Tokio teilzunehmen.

Donnerstag, 24. Februar 2022

Sabine Bock: Herrenhäuser in Estland

Mõisad Eestis. Eine kurze Übersicht zur Entwicklung ihrer Formen und zu ihrer Geschichte / Lühike ülevaade ajaloost ja ehitusvormide arengust. Ins Estnische übersetzt von Sigrid Parts, mit Fotos von Thomas Helms. Zweisprachige Ausgabe, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2020. 128 Seiten, ISBN 978-3-944033-29-7, 24,80 Euro. 

Verlagsinfo:
Die 1918 gegründete und 1991 wiedererstandene Republik Estland ist ein Teil der historischen Kulturlandschaft des Ostseeraumes. Sie umfasst das historische Estland, das nördliche Livland sowie die Inseln Ösel und Dagö. Bis zur Erlangung der Selbstständigkeit und zuletzt abermals zwischen 1940 und 1991 wurden das Land und seine Bewohner von wechselnden Mächten fremdbestimmt. Zunächst waren es mit der Christianisierung die Dänen und der deutsche Schwertbrüderorden, dann gelang es schon im 13. Jahrhundert dem Deutschen Orden, weite Teile des Landes in seinen Machtbereich zu integrieren. Die Reformation brachte das Ende des Deutschordensstaates und ­weckte unterschiedliche Begehrlichkeiten. Nordestland unterstellte sich selbst dem Königreich Schweden, Livland kam als Herzogtum zur Adels-Republik Polen-Litauen und die Insel Ösel wurde dänisch. 1629 eroberte Schweden auch Ösel und Nordlivland, doch 1721 gelang es dem russischen Zarenreich, Estland, Ösel und Schwedisch-Livland zu russischen Provinzen zu machen. Zwischen 1795 und 1918 gehörte das ganze Baltikum zum Russischen Reich. Die dann entstehende Republik Estland brachte mit einer Unterbrechung das Ende der Fremdherrschaft.
Die Ostsee war seit dem Mittelalter der wichtigste Verkehrs- und Han­dels­weg zwischen den angrenzenden Ländern und Regionen. Um die Herr­schaft über sie zu gewinnen, wurden immer wieder Kriege geführt, die auch Estland vielfach zum Kriegsschauplatz werden ließen.
Seit der Frühen Neuzeit wurde die Landwirtschaft des Ostseeraums durch die Gutswirtschaft charakterisiert. Die ausgedehnten Flächengüter machten deren Gutsherren fast konkurrenzlos. Nur in Schweden gab es neben den großen Gutshöfen auch immer eine größere Zahl eigenständig wirtschaftender Bauern.
Die Zentren der ritterschaftlichen Güter waren die Herrenhäuser, deren Entwicklungsgeschichte im Folgenden aufgezeigt werden soll. Sowohl der Kultur- und Wissensaustausch über die Ostsee als auch die sich häufig ändernden Machtverhältnisse hatten einen großen Einfluss auf die Entwicklung.

Dienstag, 18. Januar 2022

Asche / Buchholz / Niendorf / Schiele / Schindling (Hrg.): Protestantismus in den baltischen Landen und in Litauen.

Nation und Konfession vom 16. Jahrhundert bis 1918. Reihe Reformationsgeschichte Studien und Texte, Band 170. Aschendorf Verlag, Münster 2021. 559 Seiten, ISBN 978-3-402-11597-8, 69,00 €. 

Verlagsinfo:
Noch in der Frühen Neuzeit gehörten die protestantisch geprägten Lande Estland, Livland und Kurland mit ihrer jeweiligen deutschen Minderheit auf der einen und das weitgehend katholische Litauen auf der anderen Seite unterschiedlichen politischen Systemen an. Ende des 18. Jahrhunderts waren sie zu Provinzen des Russischen Reiches geworden, zuletzt Kurland und Litauen 1795. Während innerhalb der kleinen deutschen Minderheit die tradierten sozialen Schranken im 19. Jahrhundert bestehen blieben, setzte mit den Nationalbewegungen von Esten, Letten und Litauern eine Dynamik ein, die im Ergebnis zur Gründung der unabhängigen „baltischen“ Republiken Estland, Lettland und Litauen am Ende des Ersten Weltkriegs führte. Seitdem wird die Region der drei „baltischen Staaten“ im Deutschen als „Baltikum“ bezeichnet. Um diese Entwicklung nachzuzeichnen und dabei möglichst viele ihrer politischen, konfessionellen und kulturellen Aspekte und Erscheinungsformen darzustellen und zu analysieren, kamen im Herbst 2013 im Tübinger Evangelischen Stift Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Disziplinen Musik-, Sprach-, und Literaturwissenschaft sowie Kunst-, Religions-, Kirchen- und Profangeschichte aus Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Schweden und Deutschland zu einem Symposion zusammen, aus dem der vorliegende Band hervorgegangen ist. 

Autoren:  Matthias Asche, Professor für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam, Werner Buchholz, emeritierter Professor für pommersche Landesgeschichte und Landeskunde an der Universität Greifswald, Mathias Niendorf, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Greifswald, Patrick Schiele, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Anton Schindling †, emeritierter Professor für Mittlere und Neuere Geschichte (Frühe Neuzeit) an der Eberhard Karls Universität Tübingen

Samstag, 15. Januar 2022

Herbert Heinrich Beckmann: Es sind Kinder

Roman. Mirabilis Verlag, Klipphausen / Miltitz 2021. ISBN 978-3-947857-13-5, 248 Seiten, 22 Euro. 

Verlagsinfo:
Tine und Stefan sind ein Paar am Abgrund. Der dünne Faden, der ihre Beziehung noch zusammenhält, ist ihr kleiner Sohn Leon. Doch als dieser beim gemeinsamen Urlaub auf einer Insel mitten in der Baltischen See plötzlich spurlos verschwindet, stehen die beiden vor einer ganz besonderen Belastungsprobe.
Mit psychologischem Feingefühl zeichnet Herbert Heinrich Beckmann das Psychogramm einer unglücklichen Beziehung in einer Atmosphäre unerklärlicher subtiler Bedrohung. Sprachlich genau erzählt er mit stetig steigender Spannung. Das Kind geht unterdessen seinen eigenen Weg.

Sonntag, 2. Januar 2022

Ojārs Spārītis (Hg.): Dagmar Kopfstahl - Rigaer Tagebuch

Dagmar Kopfstahl: Rigaer Tagebuch 1917 bis 1920. Herausgegeben von Ojārs Spārītis. Akademische Verlagsbuchhandlung Friedrich Mauke KG, Jena 2021. Übersetzungen aus dem Lettischen von Ingūna Kvēpa. Originaltitel: "Dagmāra Kopštāla Dienasgrāmata", Jumava Riga 2020. ISBN 978-3-948259-05-1, 278 Seiten, 27 €.

Verlagsinfo: »Da dieses Jahr ein so ereignisreiches ist, beschloss ich ein Tagebuch zu führen ...« - Als die 12jährige Dagmar Kopfstahl aus Riga im März 1917 die ersten Sätze in ihr neues Tagebuch schrieb, ahnte sie noch nicht, dass sie Chronistin eines Epochenwandels werden würde. Über drei Jahre dokumentierte sie, Angehörige der deutschen Minderheit in der Ostseemetro-pole, ihren Alltag, ihre Beobachtungen und auch ihre Meinungen als am Ende des 1. Weltkrieges um sie herum in vielen Kämpfen aus einer Provinz des Russischen Zarenreiches ein neuer Staat entstand: Die Republik Lettland. Ein authentisches Stück Zeitgeschichte.