Samstag, 31. August 2024

Antanas Gailius: Hier

Gedichte und Essays. Thelem Universitätsverlag, Dresden / München 2024. ISBN: 978–3–95908–586–1, 
29,80 €

Verlagsinfo: 
Antanas Gailius zählt zu den bedeutenden Schriftstellern und Intellektuellen in Litauen – vor und nach 1990. In seinen Gedichten werden eine Landschaft und eine Tradition zur Sprache gebracht, die allzu lange in Deutschland nur verfälscht unter einer kolonialen Perspektive wahrgenommen wurden. Gailius Essays knüpfen hier an – als Ortsbestimmungen eines eigenständigen Litauen in der Geschichte unseres Kontinents und als Fragen, die über die Sprach- und Landesgrenzen Litauen und Deutschland in ein neues Verhältnis in einem demokratischen Europa setzen.
Antanas Gailius (geb. 1951 in Švendriškiai, Litauen) schreibt Gedichte und Essays und er ist als Übersetzer aus dem Deutschen sowie dem Niederländischen tätig. Zu seinen wichtigsten Übersetzungen gehören Werke von Franz Kafka, Thomas Mann, Rainer Maria Rilke und Johan Huizinga.
Antanas Gailius lebt und arbeitet in Vilnius.

Donnerstag, 22. August 2024

Manfred Stahnke: Aliutė Mečys

Eine Malerin im Deutungsnetz mit Lyotard und Maturana - Ligeti war auch dabei. 174 Seiten, ISBN-13: 9783759722942, Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt 2024. 35.00 Euro

Verlagsinfo:
Aliute Mecys ist eine große, bisher ziemlich unbekannte Hamburger Malerin, die nach und nach eine immer tiefere Beziehung zu Litauen gewann. Sie wurde am 4. April 1943 in Koblenz als Kind einer deutschen Mutter und eines litauischen Vaters geboren und starb 2013 in Hamburg.
Sie spielt mit den Möglichkeiten und den "Spielen" des Sehens, und genau das sehe ich bei ihr als primär an, und gar nicht die Komponente einer persönlichen "Schreckensdarstellung". Diese erscheint nur auf einer ersten Oberfläche unseres Sehens. Mecys hat sich immer wieder in diese Richtung geäußert:
"Was ich male, ist für mich nicht makaber. Für mich ist das ganz real. Für mich sind das keine Erfindungen. Ich denke viel in Bildern, und ich sehe bildhaft vor mir, was ich höre oder lese."
Ich nehme Mecys gewissermaßen als sehr menschliches, sehr schmerzliches Beispiel für den heutigen Zusammenbruch aller liebgewordenen Klarheiten über unser Weltverständnis, und gleichzeitig auch für die Notwendigkeit, uns neu zu positionieren. Das betrifft unsere Sinne (Maturana) und das betrifft unser Weltkonzept (Lyotard). Beide haben für mich auch miteinander zu tun, und sie erklären den Freiheitsdrang von Mecys: Jean-François Lyotard sieht - und fordert letztlich - die Befreiung von alten ideologischen Denkmustern Europas. Humberto Maturana sieht ganz ähnlich das Zusammenbrechen einer alten Vorstellung, nämlich dass die Welt draußen kalt vor uns steht und wir deren Idee nur entblättern müssten. Im Gegenteil sind wir für ihn als Beobachter selbst die Erbauer der Welt. Durch Lyotard und Maturana können wir einen philosophisch-gesellschaftlichen und einen wissenschaftlich-psychologischen Zugang zu Aliute Mecys finden.

Samstag, 17. August 2024

Marina Jarre: Weit entfernte Väter

Roman, aus dem Übersetzt aus dem Italienischen von Verena von Koskull. Hanser Verlag, Berlin 2024. 224 Seiten, ISBN 978-3-446-28140-0, 24,00 €.

Verlagsinfo: Das kleine Mädchen Marina lügt gern und mit poetischer Hingabe. Ein Akt rebellischer Selbstbehauptung gegenüber einer Welt, in der es die strengen Regeln der Mutter gibt, um deren Liebe sie ringt, aber auch den glutäugigen Vater, der erst mittags aufsteht und sich an keinerlei Regeln zu halten scheint. Einer Welt, in der sie getauft und trotzdem jüdisch sein soll – wie ihr russischer Großvater, den die Mutter verachtet.
Marina Jarre erzählt von der Kindheit im multikulturellen Riga der 1930er Jahre. Vom jähen Bruch, als sie nach der Trennung der Eltern zu ihren Großeltern ins faschistische Italien kommt. Von der Aneignung einer neuen Sprache, in der sie zu ihrer Stimme und ihrer Wut findet, in der sie mit ihren Kindern spricht und sich von der Tochterrolle befreit, von der Wandlung der kleinen Lügnerin zur großen, wahrhaftigen Schriftstellerin. 

Marina Jarre (1925-2016) wurde in Riga als Tochter eines lettisch-russisch-jüdischen Vaters und einer waldensisch-italienischen Mutter geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit in Lettland, bis sich ihre Eltern 1935 trennten und sie zu ihren Großeltern mütterlicherseits zog, die in einer französischsprachigen Waldenser-Gemeinde südwestlich von Turin lebten. Jarre gilt als eine der wichtigsten Stimmen der italienischen Literatur der Moderne. Mit Weit entfernte Väter kann diese außergewöhnliche Schriftstellerin endlich auch auf Deutsch entdeckt werden.