Roman, aus dem Estnischen von Irja Grönholm. Osburg Verlag, Hamburg 2017. Mit einem Nachwort von Cornelius Hasselblatt. 574 Seiten. ISBN: 978-3-95510-129-9, 24,00 €.
Verlagsinfo:
In Estland gehört dieser Roman des bedeutendsten Gegenwartsautors des
Landes zum Kulturgut. Protagonist des Romans ist der junge Jaak Sirkel,
der das Wikmannsche Gymnasium in Tallinn besucht, eine der
anerkanntesten Lehranstalten Estlands. Es ist die Zwischenkriegszeit,
die goldene Zeit aller drei baltischen Staaten. Während sich die Esten
in dieser Phase an der Unabhängigkeit ihres Landes erfreuen, ist die
Schulzeit der Zöglinge ereignisreich und voll der Herausforderungen des
Erwachsenwerdens. Übermütige Schulstreiche, harsche Auseinandersetzungen
mit Lehrern und Eltern und erste zarte Liebesgeschichten bestimmen
ihren Alltag. Der impulsive Jaak und sein eher stiller Freund Riks
verehren beide Virve, die reizende Zwillingsschwester eines
Klassenkameraden – aus Freunden werden Rivalen. Die unbeschwerte Zeit
endet jäh, als der Krieg beginnt. Die muntere kleine Gesellschaft wird
in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Jaak macht sich verzweifelt auf die
Suche nach Virve …
Jaan Kross wurde 1920 in Tallinn geboren und starb dort 2007. Im
Frühjahr 1944 wurde er von den deutschen Besatzern und 1946 von den
Sowjets verhaftet. Bald nach seiner Rückkehr aus Sibirien 1954 folgten
erste Veröffentlichungen. Seitdem war er als freier Schriftsteller
tätig. Sein Werk umfasst u.a. 13 Romane, die in viele Sprachen übersetzt
und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. 1997 und 1998 war er
für den Literatur-Nobelpreis nominiert.
ausführliche Rezension "Baltische Stunde" --- weitere Buchvorstellungen
Bereits seit 2007 stellt dieser Blog ins Deutsche übersetzte Publikationen aus Estland, Lettland und Litauen vor. Gleichzeitig werden Publikationen deutschsprachiger Autorinnen und Autoren mit estnischen, lettischen oder litauischen Themen einbezogen. Wir möchten aufrufen, verschiedene Leseeindrücke auszutauschen. Die hier aufgeführten Bücher werden für eine Vorstellung in der Radiosendung BALTISCHE STUNDE (Radioweser.tv) vorgeschlagen.
Dienstag, 28. Februar 2017
Samstag, 25. Februar 2017
Alvydas Šlepikas: Der Regengott
... und andere Erzählungen. Aus dem Litauischen von Markus Roduner. Mitteldeutscher Verlag, Halle/Saale 2017. 192 Seiten, ISBN 978-3-95462-813-1, 14,95 €.
Verlagsinfo:
Kunstvoll erzählte Geschichten aus der litauischen Provinz
Die neun Erzählungen des litauischen Meistererzählers Alvydas Šlepikas entführen in ein Dorf irgendwo in der litauischen »Provinz«. Mit viel Einfühlungsvermögen und Liebe zum Detail erzählt der Autor aus den verschiedenen Perspektiven seiner Helden in authentischer Weise leicht surrealistisch wirkende Geschichten, die zu fesseln vermögen. Unversehens wird der Leser von dieser nicht ganz alltäglichen Alltagswelt »eingesogen«, der er nur schwerlich wieder entrinnen kann.
Alvydas Šlepikas, geb. 1966, studierte am Staatlichen Konservatorium (heute Musik-Akademie) Schauspiel (bis 1992) und Regie (bis 1994). Regisseur, Drehbuchautor für Kino- und Fernsehfilme sowie TV-Serien, schreibt Prosa und Lyrik. Sein mehrfach ausgezeichneter Roman »Mein Name ist Marytė« (2015) war 2012 Litauens Buch des Jahres. Der Autor lebt in Vilnius.
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Verlagsinfo:
Kunstvoll erzählte Geschichten aus der litauischen Provinz
Die neun Erzählungen des litauischen Meistererzählers Alvydas Šlepikas entführen in ein Dorf irgendwo in der litauischen »Provinz«. Mit viel Einfühlungsvermögen und Liebe zum Detail erzählt der Autor aus den verschiedenen Perspektiven seiner Helden in authentischer Weise leicht surrealistisch wirkende Geschichten, die zu fesseln vermögen. Unversehens wird der Leser von dieser nicht ganz alltäglichen Alltagswelt »eingesogen«, der er nur schwerlich wieder entrinnen kann.
Alvydas Šlepikas, geb. 1966, studierte am Staatlichen Konservatorium (heute Musik-Akademie) Schauspiel (bis 1992) und Regie (bis 1994). Regisseur, Drehbuchautor für Kino- und Fernsehfilme sowie TV-Serien, schreibt Prosa und Lyrik. Sein mehrfach ausgezeichneter Roman »Mein Name ist Marytė« (2015) war 2012 Litauens Buch des Jahres. Der Autor lebt in Vilnius.
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Montag, 20. Februar 2017
Undiné Radzevičiūtė: Fische und Drachen
Roman, aus dem Litauischen von Cornelius Hell (Original "Žuvys ir drakonai", Baltos Lankos, Vilnius 2013). Residenz Verlag, Salzburg / Wien 2017. ISBN: 9783701716760, 400 Seiten, 24,00 Euro.
Verlagsinfo:
Drei Frauengenerationen teilen eine Altstadtwohnung mitten in Chinatown: Großmutter Amigorena, Mama Nora, Autorin erotischer Kriminalromane, sowie deren erwachsene Töchter Miki und Schascha. Täglich tragen sie auf engstem Raum mit rasantem Witz ihre absurden Wortgefechte aus. Auch Schascha schreibt, allerdings über den geheimnisvollen Jesuiten und Maler Giuseppe Castiglione, der 1715–1766 am Hof des Kaisers von China lebte, doch statt diesen zu missionieren, immer tiefer in die chinesische Kultur und ihre Rätsel eintauchte. Ein umwerfend komischer Roman über zwei Kulturen, die sich anziehen und bekämpfen, verehren und missverstehen, über eine Faszination, der Schascha genauso erliegt wie Jahrhunderte vor ihr der Jesuit Castiglione.
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Drei Frauengenerationen teilen eine Altstadtwohnung mitten in Chinatown: Großmutter Amigorena, Mama Nora, Autorin erotischer Kriminalromane, sowie deren erwachsene Töchter Miki und Schascha. Täglich tragen sie auf engstem Raum mit rasantem Witz ihre absurden Wortgefechte aus. Auch Schascha schreibt, allerdings über den geheimnisvollen Jesuiten und Maler Giuseppe Castiglione, der 1715–1766 am Hof des Kaisers von China lebte, doch statt diesen zu missionieren, immer tiefer in die chinesische Kultur und ihre Rätsel eintauchte. Ein umwerfend komischer Roman über zwei Kulturen, die sich anziehen und bekämpfen, verehren und missverstehen, über eine Faszination, der Schascha genauso erliegt wie Jahrhunderte vor ihr der Jesuit Castiglione.
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Sonntag, 19. Februar 2017
Antanas Škėma: Das weiße Leintuch
Roman, aus dem Litauischen von Claudia Sinnig (Original "Balta drobulė", 1958). Mit einem Nachwort von Jonas Mekas. Guggolz-Verlag, Berlin 2017, 255 Seiten. ISBN 978-3-945370-10-0. € 21 [D] | € 21,50 [A]
Verlagsinfo:
Verlagsinfo:
Antanas Škėma
(1910–1961) hinterließ einen Roman, der bis heute bedeutenden Einfluss
auf die litauische Literatur ausübt: »Das weiße Leintuch«. Geschrieben
zwischen 1952 und 1954, wurde er noch nie zuvor ins Deutsche übersetzt.
Der Protagonist Antanas Garšva, ein litauischer Exilschriftsteller,
arbeitet als Liftboy in einem vielstöckigen New Yorker Hotel. Antanas
Garšva, Alter Ego von Antanas Škėma, ist vor den Sowjets aus Litauen
geflohen, hadert aber mit der bigotten litauischen Leitkultur und der
Trivialität der amerikanischen Konsumgesellschaft. In Rückblenden und
Reflexionen versucht er seinen dramatischen Lebensweg zu verarbeiten und
ihm einen Sinn zu geben, in der New Yorker Gegenwart findet er sich
verstrickt in ein Dreiecksverhältnis mit seiner Geliebten Elena und
ihrem Ehemann.
Aus den aufwühlenden Episoden ergibt sich ein Puzzle des 20. Jahrhunderts, das Škėma mit kraftvollem sprachlichem Reichtum schildert – ein Wirbel an Wahrnehmungen und Erinnerungen, die über Garšva hereinbrechen, um deren Bewältigung er mit immer neuen literarischen Anläufen ringt. Eindrücke von den Straßen New Yorks, Liedverse und Reminiszenzen an Litauen drängen assoziativ in den Text hinein, treiben den Protagonisten voran, bedrängen ihn. »Das weiße Leintuch« erzählt aber auch von der Verantwortung des Schriftstellers in einer unsicheren Welt, von Formen der Anpassung und Möglichkeiten des Widerstands. In der alle Register ausschöpfenden Übersetzung von Claudia Sinnig ist der Roman nun auf Deutsch zu entdecken, in dunkler Schönheit und mit all seinen bis heute nicht beantworteten existenziellen Fragen.
Aus den aufwühlenden Episoden ergibt sich ein Puzzle des 20. Jahrhunderts, das Škėma mit kraftvollem sprachlichem Reichtum schildert – ein Wirbel an Wahrnehmungen und Erinnerungen, die über Garšva hereinbrechen, um deren Bewältigung er mit immer neuen literarischen Anläufen ringt. Eindrücke von den Straßen New Yorks, Liedverse und Reminiszenzen an Litauen drängen assoziativ in den Text hinein, treiben den Protagonisten voran, bedrängen ihn. »Das weiße Leintuch« erzählt aber auch von der Verantwortung des Schriftstellers in einer unsicheren Welt, von Formen der Anpassung und Möglichkeiten des Widerstands. In der alle Register ausschöpfenden Übersetzung von Claudia Sinnig ist der Roman nun auf Deutsch zu entdecken, in dunkler Schönheit und mit all seinen bis heute nicht beantworteten existenziellen Fragen.
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