Samstag, 11. Juni 2022

Bednarczuk / Rutz: Das historische Litauen als Perspektive für die Slavistik

Verflochtene Narrative und Identitäten. Herausgeber: Monika Bednarczuk, Marion Rutz. Band 13 der Reihe Interdisziplinäre Studien zum östlichen Europa. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. 320 Seiten, ISBN 978-3-447-11842-2, 78,00 Euro [D] / 80,20 Euro [A]

Verlagsinfo:
Hinter dem Schlagwort ‚historisches Litauen‘ verbirgt sich ein riesiges Forschungsfeld, das faszinierende Perspektiven bereithält – nicht nur für Geschichtswissenschaft und Baltistik, sondern auch und gerade für die Slavistik.
Im Großfürstentum Litauen fanden im Mittelalter litauische und ostslawische Elemente zu einer Synthese. Das Vielvölkerreich stieg zusammen mit dem Königreich Polen auf zur europäischen Großmacht, bevor beide am Ende des 18. Jahrhunderts geteilt wurden. Im 19. Jahrhundert kanalisierte sich Widerstand gegen die russische Fremdherrschaft in zwei politischen Projekten, die auch das literarische Leben entscheidend prägten. Der Wunsch nach einer Restitution der polnisch-litauischen Rzeczpospolita und das Festhalten an der polnischsprachigen Leitkultur konkurrierten mit dem Streben einzelner Kollektive nach kultureller Identität und politischer Emanzipation. Heute steht der Erinnerungsort ‚historisches Litauen‘ für eine gemeinsame europäische Vergangenheit, die vor dem Hintergrund der niedergeschlagenen belarusischen Revolution und dem russischen Angriff auf die Ukraine Solidarität stiftet.
Die lange Zeit von kommunistischer Zensur und nationalen Narrativen geprägte Forschungslandschaft hat in den letzten Jahren begonnen, die vielfältigen litauisch-belarusisch-polnisch-ukrainischen Verflechtungen wiederzuentdecken und ihre Bedeutung neu zu diskutieren.