Legitimations- und Repräsentationsstrategien russischer Herrschaft in den Ostseeprovinzen im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Band 21. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2018, 536 Seiten, ISBN 978-3-447-10820-1. 53,00 Euro [D] / 54,50 Euro [A].
Verlagsinfo:
Das Verhältnis Russlands zu den baltischen Staaten ist seit
Jahrhunderten ein Kernproblem der nordosteuropäischen Geschichte. Diese
Studie untersucht erstmals detailliert den Wandel der russischen
Perzeption von Land und Leuten an der Ostseeküste im 19. Jahrhundert.
Galt die Region unter Nikolaus I. noch als der wertvollste Besitz der
Krone, da sie das russische Imperium - nicht zuletzt aufgrund der
deutschen Dominanz - zu einem wahrhaft europäischen Staat machte, war
unter dem Einfluss des russischen Nationalismus eine bemerkenswerte
Verschiebung zu registrieren. Seit etwa der Mitte des Jahrhunderts und
verstärkt nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 erklärten
russische Intellektuelle die Region zu einem potenziellen Gefahrenherd
für das Imperium. Verständlich wird diese Umwertung durch den mentalen
Aneignungsprozess, in dem russische Eliten die Ostseeprovinzen als einen
legitimen russischen Besitz definierten - mit geografischen,
historischen und kulturellen Argumenten. Diese mentale Russischmachung,
die weitaus wirkungsmächtiger war als jedwede spätere
„Russifizierungspolitik“ der Regierung, ließ die deutsche Vormacht als
illegitim erscheinen und machte aus Esten und Letten potenzielle
Bündnisgenossen für die Festigung der russischen Sache an der Ostsee.
Neben intellektuellen Auseinandersetzungen mit dem Ort der
Ostseeprovinzen im Imperium nutzt diese Studie Reiseberichte,
literarische und ethnografische Arbeiten sowie Erinnerungen als Quellen,
um dem Bild, das sich das späte Zarenreich von Est-, Liv- und Kurland
machte, auf die Spur zu kommen.
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