Freitag, 24. März 2023

Boris Lurie in Riga

Aufzeichnungen. Mit einem Vorwort und aus dem Englischen übersetzt von Joachim Kalka. Wallstein Verlag, Göttingen 2023, 224 Seiten. ISBN 978-3-8353-5355-8. € 23,00 (D) / € 23,70 (A)

Verlagsinfo:
Bewegende Erinnerungen Luries an seine Zeit während des Nationalsozialismus in Riga – wie lässt es sich mit dem Erlebten weiterleben?
Im Spätsommer des Jahres 1975 bestieg Boris Lurie in New York ein sowjetisches Schiff, um nach Riga zu fahren und damit nach über 30 Jahren wieder in die Stadt zu kommen, in der er aufgewachsen war und wo er die Schrecken der deutschen Besatzungszeit hautnah miterleben musste. Insbesondere ein Geschehnis änderte dabei den Lauf seines Leben, als im Dezember 1941 im Wald von Rumbula Tausende Juden hingerichtet wurden, darunter Familienmitglieder Luries sowie seine damalige Freundin. Luries Leben teilte sich in ein vor und ein nach Rumbula, und sein Besuch dieses Ortes während seiner Reise führte auch dazu, dass er mit dem Schreiben begann und darüber in den Dialog mit denjenigen, die nicht mehr da waren.
Nach Luries Tod entdeckte man in seinem Nachlass mehrere Boxen, gefüllt mit schriftlichen Aufzeichnungen und Zeitungsausschnitten. Aus Riga zurückgekommen, hatte Lurie damit begonnen, seine Erinnerungen an Riga während des Zweiten Weltkriegs niederzuschreiben, aber auch die Empfindungen während seiner Reise festzuhalten. Ein berührender Text, der die Frage aufwirft, wie man danach weiterleben kann.

Mittwoch, 1. Februar 2023

Wolfgang Petz: Zuflucht auf Zeit

Lageralltag in Kempten 1945 bis 1949 aus der Sicht des litauischen Fotografen Kazys Daugėla. Kataloge und Schriften der Museen der Stadt Kempten (Allgäu), Band 29. ISBN: 978-3-949257-09-4. Likias Verlag, Friedberg 2023, 128 Seiten, 24.00 €.

Verlagsinfo: Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs lebten in Kempten Tausende von Ausländern, die von den US-amerikanischen Besatzungsbehörden als „Displaced Persons“ eingestuft wurden. Eine große Gruppe bildeten Geflüchtete aus den baltischen Ländern: Esten, Letten und vor allem Litauer. Vor den sowjetischen Truppen und dem stalinistischen Terror versuchten sie sich im Westen in Sicherheit zu bringen. Sie wurden in Lagern untergebracht, die Litauer in der ehemaligen Schloßkaserne in der Residenz.

Ein Glücksfall für die Nachwelt ist, dass der litauische Fotograf Kazys Daugėla den Alltag dieser Menschen einfühlsam dokumentierte. Seine Bilder berichten vom Leben in Massenquartieren, von der Unterbringung in Dachkammern, von Winterkälte und dem Mangel an Nahrungsmitteln. Trotz dieser schwierigen äußeren Bedingungen entfalteten die Litauer ein bemerkenswertes kulturelles Leben, organisierten Gottesdienste, Schulunterricht, Sportveranstaltungen, Konzerte und Theateraufführungen.

In einer Zeit, in der materielle Not, Diktatur und Krieg wieder Millionen Menschen heimatlos machen, gewinnen Kazys Daugėlas Aufnahmen an aktueller Bedeutung.

Freitag, 20. Januar 2023

Richard Zelenka: Vertraute Fremde

Mein Lettland. Books on Demand (BOD) Norderstedt 2022. ISBN-13: 9783756896554, 184 Seiten, 16,99 Euro. 

Verlagsinfo:
Es ist eine ziemlich wundersame Geschichte, die in diesem Büchlein erzählt wird. Und die geht so: Ein reicher Modeunternehmer mit großem Herz schenkt einem kleinen Dorf im Norden Lettlands ein modernes Krankenhaus. Was für eine Sensation! Das muss groß in der Zeitung stehen. Dafür soll der zuständige Lokalredakteur sorgen. Mit gemischten Gefühlen tritt Richard Zelenka die Dienstreise ins Ungewisse an. Sie führt ihn bis an den Rand der Zivilisation.
Fremd und vertraut - wie passt das zusammen? Diese Begriffe schließen sich scheinbar aus. Und doch: Fremdes wird vertraut, wenn man bereit ist, sich auf Neues und Ungewohntes einzulassen. Die Annäherung ist zuweilen ein langer und zäher Prozess. Die Mühe lohnt sich. Meistens.
Wenn's gelingt, wird das Leben reicher. Der Titel dieses Büchleins "Vertraute Fremde" ist Programm. Er beschreibt das ganz persönliche und subjektive Herantasten des Autors an Lettland, das kleine baltische Land im Norden Europas: "Mein Lettland".
Aus dem Abenteuer wird eine Passion. Immer wieder reist Richard Zelenka ins Baltikum. Er trifft viele Menschen dort und berichtet über ihre Mentalität, ihr Denken und ihren Humor, der so anders ist als unser. Allmählich werden aus Fremden Freunde, im Idealfall sogar beste Freunde.
Lustige und skurrile Geschichten aus dem lettischen Alltag werden dem Leser in diesem Büchlein erzählt. Nebenbei erfährt er einiges aus der lettischen Geschichte, Kultur und Politik.

Mit

Präposition: aus, mit, von

Freitag, 13. Januar 2023

Mathias Niendorf: Geschichte Litauens

Regionen, Reiche, Republiken 1009–2009. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. ISBN: 978-3-447-10822-5, 566 Seiten, 49,00 Eur[D] / 50,40 Eur[A].

Verlagsinfo:
2009 beging die Republik Litauen ihre Tausendjahrfeier. Wer sich in Deutschland über historische Hintergründe informieren wollte, war bislang auf wenige, überwiegend veraltete Werke angewiesen. Diese Lücke wird nun von Mathias Niendorfs neuer Gesamtdarstellung geschlossen. Auf Basis des aktuellen Forschungsstands bietet sie einen Überblick vom Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit. Quellennah und anschaulich zeichnet Niendorf den Aufstieg eines heidnischen Landes zu einem mittelalterlichen Großreich nach, schildert die Folgen einer immer enger werdenden Anlehnung an Polen und analysiert den sozialen und kulturellen Wandel im Zarenreich. Besondere Aufmerksamkeit gilt der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Teil dieser häufig dramatischen Geschichte ist die Erlangung staatlicher Unabhängigkeit nach dem Ersten Weltkrieg, ihr Verlust als Folge des Hitler-Stalin Pakts und nicht zuletzt die Ermordung von Litauens Juden unter deutscher Besatzung. Bis in die Zeiten der Republik bzw. Sowjetrepublik wird den Handlungsspielräumen vor Ort nachgegangen. Fragen des Zusammenlebens von Litauern und Polen, Juden, Russen und Weißrussen gehören zu den Schwerpunkten der Darstellung. So wird der Blick „von oben“ mit einem Blick „von unten“ konfrontiert. Das Interesse gilt nicht nur politischen Eliten und gesellschaftlichen Strukturen, sondern ebenso konkreten Lebenswelten, Hütten und Palästen, Straßen und Plätzen. Exemplarische Biografien illustrieren das Schicksal eines Landes, seine Traditionslinien und seine Brüche.

Inhaltsverzeichnis

Donnerstag, 12. Januar 2023

Andris Kuprišs: Berlin

Kurzgeschichten. Aus dem Lettischen von Bettina Bergmann. Ammian Verlag, Berlin 2022. ISBN 978-3-948052-59-1, 20.00 Euro. 

Verlagsinfo:
Das Berlin, in dem der Autor mit seinem wütenden Doppelgänger herumläuft, ist kein geografischer Ort. Es ist eine ganze Welt – von den staubigen Straßen in Agenskalns bis zu den seelenlosen Autobahnen Deutschlands, von der Krankenstation bis zur Eckkneipe. 22 Texte und eine Novelle versammelt der Band Berlin: alltägliche Begebenheiten, Begegnungen und Beobachtungen.

Andris Kuprišs, geboren 1982, ist Autor und Übersetzer. Er studierte Journalismus an Latvijas Universitate in Riga und Fotografie an der Goldsmiths University in London. 2019 erschien in Lettland seine erste Kurzgeschichtensammlung „Berlin“. Seine Essays und Prosatexte erscheinen in diversen Literaturmagazinen, u. a. Satori und Rigas Laiks.

Samstag, 3. Dezember 2022

Maria Bosse-Sporleder: Im Kielwasser der Zeit

Autofiktionale Geschichten. Erzählungen. Derk-Janßen-Verlag, Freiburg / Breisgau 2022. 176 Seiten,
ISBN: 978-3-938871-22-5, 18 Euro. 

Verlagsinfo:
Die Texte in Im Kielwasser der Zeit − überwiegend Kurzgeschichten − gliedern sich in zwei Sektionen: „Herkunft“ und „Begegnung“. In „Herkunft“ ist der Blick auf Estland gerichtet, das Land, in dem die Autorin geboren wurde, das sie als Kind verlassen musste und in das sie nach 1991 zurückkehrte und in verschiedenen Aufgaben tätig war. „Herkunft“ thematisiert Familienvergangenheit, rekonstruiert und imaginiert Lebensläufe der Vorfahren. Die politische und gesellschaftliche Entwicklung unter kurzer deutscher und sehr langer sowjetischer Besatzungszeit durchdringt das Erzählte. „Begegnung“ fängt Momente ein, in denen intensiver Kontakt zwischen Menschen entsteht; es wird deutlich, wie sich Begegnungsweisen in den vergangenen 60 Jahren verändert haben.

Dienstag, 29. November 2022

Laurynas Katkus: Schwankende Schatten

Roman. Aus dem Litauischen von Markus Roduner. Klak-Verlag, Berlin 2022, 210 Seiten, ISBN 978-3-948156-64-0, 19,90€.

Verlagsinfo:
Der junge Philologe Vytautas, auf der Suche nach seinem Platz in der wissenschaftlichen Welt, verliert seinen Job als Dozent. Sein größter Lichtblick sind die Briefe eines baltendeutschen Abenteurers vom Anfang des 20. Jahrhunderts, in dessen Geschichten er sich spiegelt. Auf der Suche nach Glück durchstreift er seine Stadt Vilnius und macht sich wie viele seiner Generation als Saisonarbeiter mit Freunden auf den Weg nach Deutschland.
Schwankende Schatten, das erste Prosawerk des litauischen Dichters und Essayisten Laurynas Katkus, ist eine subtile Geschichte über die Macht unbändiger Fantasie und die Suche nach Sinn in einer scheinbar unendlich freien Welt.

Montag, 28. November 2022

Jens U. Boettcher: Das Treffen

Dokumentation von Victor E. Wunderlich. Zweite, erweiterte Auflage. Old Salt Publishing, Lilienthal 2022 (Book on Demand, Norderstedt). 400 Seiten, ISBN 9783982484808, 17,80 Euro. 

Verlagsinfo: April 1939. Ein junger lettischer Hobbyfotograf wird an der Ostsee bei Riga von einem älteren Unbekannten angesprochen, der sich an seiner Architekturfotografie interessiert zeigt. Bei einem zweiten Treffen am folgenden Tag bittet der elegant gekleidete Unbekannte den jungen Mann um Unterstützung bei der Beschaffung eines geeigneten Orts für ein höchst geheimes Treffen zweier hochrangiger ausländischer Delegationen. Als der Jüngere Hilfsbereitschaft signalisiert, wird er vom Älteren auch gleich zur Betreuung der als sehr klein angekündigten Delegationen engagiert.
Nach dem Krieg lässt Stalin, der um jeden Preis verhindern will, dass das Treffen bekannt wird, nach dem Mann suchen. Im März 1953 wird er endlich in Riga geschnappt.
Zehn Jahre nach seinem Tod findet sein Sohn, ein ausgeprägt national gesinnter deutscher Geschichtsprofessor, die Unterlagen über das Treffen.  Er erkennt darin sofort das noch fehlende Puzzlestück, das endlich Klarheit darüber verschafft, wie Hitler und Stalin wirklich zueinander standen, warum der deutsch-sowjetische Nichtangriffspakt in so atemberaubend kurzer Zeit zustande kommen konnte, warum Stalin nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion im Juni 1941 zuerst an ein Kommunikationsfoul seiner Generäle glaubte, und welche Rolle dabei ausgerechnet ein deutscher Schulatlas spielte.  Darüber hinaus entdeckt er die wahre Identität des Vaters und muss zudem erkennen, dass auch er nicht der ist, für den er sich sein Leben lang gehalten hat. Er veröffentlicht die Aufzeichnungen und landet einen Sachbuch-Bestseller.
Der unvermeidlichen zweiten Auflage fügt er noch einiges hinzu - über seine Mutter zum einen, zum anderen aber darüber, wie in den Medien zuweilen mit der Geschichte umgegangen wird.

Mittwoch, 16. November 2022

Andrejs Urdze: Geschichte Annabergs und des BCSB / BCB

Bonn, Oktober 2022, Selbstverlag. Erhältlich beim Herausgeber.

Informationen zum Buch:
Der Baltische Christliche Bund e.V. feiert 2022 sein 75-jähriges Bestehen und gleichzeitig ist das "Haus Annaberg" seit 70 Jahren im Besitz des BCB. Anlässlich dieses doppelten Jubiläums erscheint dieses Buch, das auf die verschiedenen Etappen der Geschichte des Bundes, sowie auch des Hauses zurückblickt. 

Damit ist ein Projekt zu einem gewissen Abschlusses gebracht worden, das bereits vor mehr als 50 Jahren begonnen wurde. Einer der Gründungsmitglieder des damaligen Christlichen Studentenbundes - Paulis Kļaviņš hatte bereits in den 60iger Jahren des vorigen Jahrhunderts Material über die ersten Jahre des BCSB zusammengetragen und verfasst. Frau Dr. Rudzīte hat diese Arbeit anschließend fortgesetzt, ohne dass es aber zu einer Veröffentlichung gekommen ist. Deren Arbeit bildet so aber die Grundlage der Anfangskapitel dieses Buches. Die Quellen zur Vorgeschichte Annabergs sind gesondert aufgeführt. 

Eine wichtige Quelle über die Jahre des Aufbruchs und das weitere Werden des Bundes, über die Anfangsjahre Annabergs war die lettischsprachige Zeitschrift des BCSB "Vēstnesis" (Der Bote). Hinzu kamen zahlreiche Protokolle, Kongressberichte, Briefe, Rundschreiben des BCSB, sowie Mitschriften von Frau Dr. Rudzīte. Der Darstellung der litauischen Aktivitäten auf Annaberg lagen einige Artikel der litauischen Zeitschrift des BCSB "Annabergo lapelis" (Das Annaberger Blättchen) zugrunde, sowie längere Berichte von Arthur Hermann, die in den Annaberger Annalen veröffentlicht wurden. Lebendig gemacht wurde die jeweilige Atmosphäre durch diverse Aussagen in Interviews, die ich in den letzten 15 Jahren mit Zeitzeugen geführt habe. 

Auch die Betrachtungen der Wendezeit fußen zum Teil noch auf Materialien der genannten Zeitschriften des BSCB, dann aber, vor allem was die politischen Aktivitäten anbetrifft, auf eigene Erfahrungen und Erinnerungen. 

Das geistige Leben der Nachwendezeit wurde teilweise durch Ausführungen zu den Kongreß- und Tagungsprogrammen des BCSB, sowie durch Auszügen aus Vorträgen sichtbar gemacht. Die Bedeutung Annabergs sowohl als baltisches Zentrum kam sehr gut durch Transkriptionen entsprechender Würdigungen auf dem Jubiläumskongress 2002 zum Ausdruck. Wie schon zuvor, so konnte auch die Nachwendezeit durch Interviews anschaulich und lebendig gemacht werden, die schließlich in den Annaberger Impressionen ihren Niederschlag fanden. 

Mit diesem Buch liegt erstmals eine Darstellung der sozialen, wirtschaftlichen und strukturellen Entwicklungsprozesse auf Annaberg vor, sowie eine Geschichte des Baltischen Christlichen Studentenbundes, der 2010, mangels studentischer Mitglieder, ofiziell in Baltischer Christlicher Bund (BCB e.V.) umbenannt wurde.

Freitag, 14. Oktober 2022

Schirin Nowrousian: Wilna-Worte

Vilniaus žodžiai. Übersetzung: Austėja Merkevičiūtė. Verlag Schiler & Mücke, Berlin / Tübingen 2022. Zweisprachig deutsch-litauisch, teilweise zusätzlich französisch und mit einem Gedicht in englisch. 114 Seiten, ISBN 9783899304541, 18.00 €. 

Verlagsinfo: Wilna-Worte ist eine Hommage an die Haupt­stadt Litauens, an deren Ein­wohner und an Schirin Now­rou­­sians eigene Zeit vor Ort. Drei volle Jahre hat die Lyrikerin im Herzen von Vilnius gelebt und gewirkt, hat zahl­reiche Men­schen kennengelernt und uner­müdlich die Straßen, Gassen und Höfe der Stadt sowie die Außenbezirke und umlie­gen­den Orte durchstreift. Der Blick aus ihrem Küchen­fenster fiel auf den Ort, wo einst die große Synagoge von Vilnius stand.
Der Band besingt und feiert auf vielfältige Weise Vilnius und seine Menschen und er endet (und beginnt zugleich) mit einem Ab­schieds­text, der in Juodkrantė auf der kurischen Nehrung ent­standen ist und eine Art Traum-Ver­sprechen dar­stellt: das Versprechen nämlich einer Fortsetzung ihres Gesangs – ein Ein­stimmen auf das Besingen vieler weiterer Orte des süd­lichsten der drei baltischen Länder.

Schirin Nowrousian, geboren 1975 in Bochum, ist Lyrikerin, Autorin und Übersetzerin (aus dem Eng­lischen, Französischen und wei­te­ren romanischen Sprachen). Sie ist Rezita­to­rin, Mode­­ra­torin, Dramatur­gin, Sprach­lehrerin und Forscherin. Neben Deutsch ist Französisch ihre Leib- und Lebens­sprache. Der leben­dige Umgang mit Sprachen begleitet sie, wohin auch immer es sie trägt. Von September 2014 bis August 2017 forschte und lehrte sie am Lehrstuhl für Deutsche Philolo­gie an der Universität Vilnius in Litauen. Sie lebt bei Bremen auf dem Land.

Dienstag, 13. September 2022

Denise von Weymarn-Goldschmidt: Von Konkurrenten und Lieblingen

Geschwisterbeziehungen im deutschbaltischen Adel des 18. und 19. Jahrhunderts. Reihe:
Veröffentlichungen des Nordost-Instituts, Band 28, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. ISBN: 978-3-447-11865-1, 219 Seiten, 35.00 Euro (D) / 36.00 Euro (A). 

Verlagsinfo:
Bis anhin herrschte in der Familiengeschichte vorwiegend eine vertikale, hierarchische Perspektive. Anhand von autobiografischen Schriften deutschbaltischer Adliger untersucht Denise von Weymarn-Goldschmidt die horizontale Ebene in Familiengefügen, nämlich die Geschwisterbeziehungen. Dabei unterscheidet sie zwischen Vollgeschwistern, Halbgeschwistern, Stiefgeschwistern und illegitimen Kindern. Gerade der Umgang mit den illegitimen Kindern verdeutlicht den Unterschied zwischen nominellem und gelebtem Familienverständnis. Fokussiert wird zudem der häufig große Altersunterschied zwischen den Kindern, wodurch die Geschwister teilweise erst im Erwachsenenalter miteinander vertraut wurden. Weitere Themenfelder, die die Familien prägten, sind Lieblingskinder, Aufwachsen von Geschwistern in getrennten Haushalten, das gemeinsame Wohnen von erwachsenen Geschwistern und der Umgang mit dem Tod von Geschwistern. Der große Altersunterschied zwischen den Geschwistern führte zu Generationenverschiebungen und in einigen Fällen zu Ehen zwischen Onkeln und Nichten. Die Folgen für das familiäre Machtgefüge bei einer generationenübergreifenden Ehe und die (fehlenden) Bezüge zum Inzestdiskurs werden genauso diskutiert wie die Rolle von Onkeln und Tanten. Die vorliegende Untersuchung von Geschwisterbeziehungen liefert ein neues Element zum Verständnis historischer Familienformen.

Freitag, 9. September 2022

Zigmunds Skujiņš: Das Bett mit dem goldenen Bein

Roman, aus dem Lettischen übersetzt und mit Anmerkungen von Nicole Nau, mit einem Nachwort von Judith Leister (lettischer Originaltitel: "Gulta ar zelta kāju"). Mare Verlag, Hamburg 2022. ISBN: 978-3-86648-658-4, 608 Seiten, 48.00 Euro. 

Verlagsinfo:
Zunte, ein lettischer Küstenort im ausgehenden 19. Jahrhundert: Noass Vējagals zieht es vom elterlichen Hof aufs Meer und in ferne Länder, während sein Bruder Augusts den heimischen Boden bestellt und mit Noass’ Frau einen Sohn zeugt. Dieser stirbt früh, derweil Noass’ leibliche Tochter Leontıne sich zur rebellischen Schönheit entwickelt und mit ihren Eskapaden nicht nur den eigenen Ruf aufs Spiel setzt. Davon unbeirrt fährt ihr Vater weiter zur See und häuft Reichtümer an, um der Familie ein großes Stadthaus zu bauen. Doch Hochzeiten, Kriege und Revolutionen treiben Kinder und Kindeskinder der Vējagali fort von Zunte. Jahrzehnte nach dem Bau seines Hauses stirbt Noass dort ganz allein, und im Ort verbreitet sich eine Legende: Seine Reichtümer müssen sich noch immer auf dem familiären Anwesen befinden, versteckt in einem hölzernen Bettpfosten.
Zigmunds Skujiņš erzählt überbordend und mit feinem Schalk vom wechselvollen Schicksal des lettischen Volks. Seine liebevollen, fein ausgearbeiteten Figurenzeichnungen weisen ihn als großen Menschenfreund und -kenner aus.

Zigmunds Skujiņš (sprich: Skuiensch) wurde 1926 in Riga geboren. Nach Anfängen im Journalismus wandte er sich ganz dem literarischen Schreiben zu. Zu seinem Werk gehören zahlreiche Romane und mehrere Erzählbände sowie Theaterstücke, Drehbücher und Essays. Skujiņš ist einer der renommiertesten Schriftsteller seines Landes. Sein Werk wurde in viele europäische Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft. Das Bett mit dem goldenen Bein (1984) gilt als sein größter Erfolg. Skujiņš starb im März 2022 in Riga.

Donnerstag, 8. September 2022

Martin Kulinna: Leben am Meer. Entlang der Ostsee.

Fotografien. Mitteldeutscher Verlag, Halle / Saale 2022. ISBN 978-3-96311-622-3, 152 Seiten 240 × 300 mm, 28,00 Euro. Mit Texten von Heike Sommer, Wolfgang Sommer, André Meier, Frank Brehe, Andreas H. Apelt, Paul Kein und Martin Kulinna.

Verlagsinfo: Seit 30 Jahren zieht es den Fotografen Martin Kulinna immer wieder an die Ostsee. Ihn reizt das Spiel der Elemente: Wasser, Himmel, Erde. Die Ostsee – das Mare Balticum – ist ein Binnenmeer des Atlantiks in Europa. An seinen Küsten leben circa 70 Millionen Menschen, die eine wechselvolle Geschichte miteinander verbindet. Das Land an der Ostsee ist weit. Keine hohen Berge und Gebirge verstellen die Sicht auf das Meer, der Himmel ist blau mit einem unverwechselbaren Grau, welches nur hier zu finden ist. Das Meer hinterlässt Spuren. Es prägt die Menschen genauso wie die Architektur an seinen Küsten. Der Bildband zeigt ausgewählte Orte und Situationen der Ostsee: etwa die motorradfahrenden Frauen auf der Insel Kihnu, die ihren Alltag auf der Insel meistern, während ihre Männer auf See sind oder auf dem Festland arbeiten; die Felsformationen auf der schwedischen Insel Fårö oder die breiten Bernsteinstrände von Lettland.

Samstag, 13. August 2022

Kätlin Kaldmaa: Lydia

Ein aussergewöhnliches Mädchen aus Estland, illustriert von Jaan Rõõmus. Aus dem Estnischen von Maximilian Murmann, Baobab Books, Basel 2022. 23.80 CHF / [D] 19,50 € / [A] 20,10 €. ISBN 978-3-907277-15-7, ab 8 Jahren. Originalausgabe: «Lydia» © 2021 Hunt Kirjastus, Tallinn, Estland

Verlagsinfo:
Lydia kennt in Estland sprichwörtlich jedes Kind: Die Gedichte der Autorin Lydia Koidula gehören im Land zum Schulstoff, ihre Lieder werden an grossen Volksfesten gesungen.
Doch von vorne: Lydia kommt 1843 in Värna zur Welt. Den estnischen Staat, wie wir ihn heute kennen, gibt es zu dieser Zeit noch nicht. Das Gebiet steht unter der Herrschaft des russischen Zaren. Von der Mutter lernte Lydia Deutsch. Ihr Vater wiederum wirkte als Lehrer und Journalist und gründete die erste Tageszeitung in estnischer Sprache. Wörter, Sprache, Geschichten und Gedichte werden Lydias Leidenschaft. Schon früh setzt sie sich aber auch für Freiheit und Selbstbestimmung ein – das estnische Volk wird seit Jahrhunderten von fremden Mächten unterdrückt.
Lydias Wunsch an der Universität zu studieren geht nicht in Erfüllung, Frauen sind zum Studium nicht zugelassen. Aber Lydia wird Lehrerin und mit 20 Jahrren die rechte Hand des Vaters in der Zeitungsredaktion. Mit 22 veröffentlicht sie ihr erstes Buch, mit 25 Jahren organisiert sie das erste estnische Sängerfest. Sie setzt sich nicht nur für die Selbstbestimmung der Esten ein, sondern steht für Weltoffenheit, lernt Finnisch, heiratet einen Letten und lässt sich im russischen Kronstadt nieder. Als ihre Kinder sie eines Tages fragen, wo sie zu Hause sei, sagt Lydia: «Mein Herz ist auf der ganzen Welt verteilt.»
Die Unabhängigkeit Estlands erlebt Lydia Koidula selbst nicht mehr. Doch ihre Werke leben bis heute weiter. Geschickt bettet die Autorin Kätlin Kaldmaa die persönliche Lebensgeschichte in die wechselvolle Geschichte des Landes ein. Dabei setzt sie den Schwerpunkt auf das Kind und die Jugendliche Lydia und verbindet die Vergangenheit mit der Gegenwart, das Persönliche mit dem Universellen. Jaan Rõõmus’ Illustrationen sind federleicht und kraftvoll zugleich und setzen Lydias Geschichte lyrische Akzente auf.

Die Autorin: Kätlin Kaldmaa (*1971) ist eine estnische Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. Bereits in ihrer Kindheit in der estnischen Provinz waren Bücher ihre große Leidenschaft – und eine gute Erklärung, wenn sie wieder einmal mit der Gartenarbeit nicht fertig geworden war. Später studierte sie estnische Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Englisch. Ihre zahlreichen eigenen Publikationen umfassen Gedichtbände, Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Dem Buch »Lydia« liegt eine mehrjährige Recherche zugrunde.

Der Illustrator: Jaan Rõõmus (*1990) hat Graphic Design an der Estnischen Akademie der Künste studiert. Er ist ein Illustrator, der gerne mit unterschiedlichen Techniken und Stilen experimentiert, um für jedes seiner Werke den passenden Ausdruck zu finden. Er setzt von der traditionellen Füllfeder und Tinte bis zur digitalen Technik alles ein, um seine vielseitigen Werke lebendig werden zu lassen. Jaan Rõõmus lebt und arbeitet in Tallinn.

Samstag, 11. Juni 2022

Bednarczuk / Rutz: Das historische Litauen als Perspektive für die Slavistik

Verflochtene Narrative und Identitäten. Herausgeber: Monika Bednarczuk, Marion Rutz. Band 13 der Reihe Interdisziplinäre Studien zum östlichen Europa. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2022. 320 Seiten, ISBN 978-3-447-11842-2, 78,00 Euro [D] / 80,20 Euro [A]

Verlagsinfo:
Hinter dem Schlagwort ‚historisches Litauen‘ verbirgt sich ein riesiges Forschungsfeld, das faszinierende Perspektiven bereithält – nicht nur für Geschichtswissenschaft und Baltistik, sondern auch und gerade für die Slavistik.
Im Großfürstentum Litauen fanden im Mittelalter litauische und ostslawische Elemente zu einer Synthese. Das Vielvölkerreich stieg zusammen mit dem Königreich Polen auf zur europäischen Großmacht, bevor beide am Ende des 18. Jahrhunderts geteilt wurden. Im 19. Jahrhundert kanalisierte sich Widerstand gegen die russische Fremdherrschaft in zwei politischen Projekten, die auch das literarische Leben entscheidend prägten. Der Wunsch nach einer Restitution der polnisch-litauischen Rzeczpospolita und das Festhalten an der polnischsprachigen Leitkultur konkurrierten mit dem Streben einzelner Kollektive nach kultureller Identität und politischer Emanzipation. Heute steht der Erinnerungsort ‚historisches Litauen‘ für eine gemeinsame europäische Vergangenheit, die vor dem Hintergrund der niedergeschlagenen belarusischen Revolution und dem russischen Angriff auf die Ukraine Solidarität stiftet.
Die lange Zeit von kommunistischer Zensur und nationalen Narrativen geprägte Forschungslandschaft hat in den letzten Jahren begonnen, die vielfältigen litauisch-belarusisch-polnisch-ukrainischen Verflechtungen wiederzuentdecken und ihre Bedeutung neu zu diskutieren.

Samstag, 14. Mai 2022

Jānis Joņevs: Jelgava 94

Roman. Aus dem Lettischen von Bettina Bergmann. Parasitenpresse, Köln 2022. 330 Seiten, Preis: 18,- €

Verlagsinfo:
Jelgava 94 ist der Kultroman aus Lettland. Es ist eine witzige Coming-of-Age-Geschichte eines Jungen, der in Jelgava – einer Stadt in der lettischen Provinz – aufwächst, erst Nirvana, dann die Metal-Szene für sich entdeckt und neue Freundschaften schließt. Es ist aber auch ein fast dokumentarisches Portrait des Lebens im post-sowjetischen Lettland der 1990er Jahre, das Portrait einer Generation, die auf der Suche nach ihrer eigenen Identität ist und Teil einer Jugendkultur sein möchte.
Jānis Joņevs entführt den Leser in eine skurrile Welt: in die Provinz, die den Aufbruch spürt, zu den Jugendlichen, die auf die großen Ereignisse in ihrem Leben warten, in die aufgelassenen Bunker, in denen Konzerte stattfinden, und zu den versteckten Tauschbörsen für Musik-Kassetten. Er erzählt als Beobachter, der mitten drin im Geschehen steckt, aber dann auch den Abstand gewinnt, um mit einem Hauch Nostalgie auf die Ereignisse und die Zeit zurückzublicken.
Als Joņevs‘ Debütroman 2014 in Lettland erschien, erwies sich das Buch schnell als großer Erfolg und nationaler Bestseller. Mittlerweile wurde er ins mehrere Sprachen, u.a. ins Englische, Französische und Spanische, übersetzt. Die Übersetzung ins Deutsche besorgte Bettina Bergmann. 2014 erhielt Joņevs den Literaturpreis der Europäischen Union für Jelgava 94.

Sonntag, 1. Mai 2022

Christofer Herrmann / Birgit Aldenhoff (Hg.): Livland im Mittelalter

Geschichte und Architektur. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2022. 144 Seiten, ISBN 978-3-7319-1217-0, 24,95 Euro.

Verlagsinfo:
Auf dem Gebiet der heutigen Länder Estland und Lettland existierte vom 12. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts ein Verbund christlicher Kreuzfahrerstaaten unter der Führung des Deutschen Ordens und des Erzbischofs von Riga. Von dieser Epoche zeugen noch heute zahlreiche Denkmäler mittelalterlicher Baukunst – Burgen, Kirchen und Städte. In dem reich bebilderten Band werden in sechs Beiträgen eine historische Einführung in die faszinierende Geschichte Livlands gegeben und bedeutende Bauten der Region vorgestellt.
Mit Beiträgen von Bernhart Jähnig, Alexander Baranov, Christofer Herrmann, Agnese Bergholde-Wolf, Villu Kadakas und Ojārs Spārītis.

Freitag, 1. April 2022

Tomas Venclova: Variationen über das Thema Erwachen

Gedichte. Übersetzt aus dem Litauischen von Cornelius Hell. Mit einem Nachwort von Michael Krüger. Edition Lyrik Kabinett bei Hanser. 112 Seiten, Hanser Verlag, München 2022, ISBN 978-3-446-27298-9, 20,00 € (D) 20,60 € (A)

Verlagsinfo:
Tomas Venclova ist einer der großen Dichter unserer Zeit. In seiner Heimat Litauen erlebte er den langen Winter des Totalitarismus, wegen seiner kritischen Haltung kam er in Bedrängnis. Es folgten Exil, Reisen und Heimkehr – die Lebensthemen seiner Lyrik –, doch als dieser unfreiwillige Weltbürger schließlich zurückkehrte, war das Land ein anderes. Was unverändert blieb, ist die rettende Kraft der Sprache. Stets beruft sich Venclova auf die Tradition der europäischen Literatur – von der griechischen Klassik bis zur Moderne. Lakonie, kristallklare Eleganz und feiner spöttischer Witz zeichnen seine Poesie aus, jene „unwirkliche Wirklichkeit", die sich unauflöslich mit der Erfahrung der Welt verwebt.

Und

Freitag, 25. März 2022

Rima Karaliene: Rudern durch den Stacheldrahtzaun

Tatsachenroman. Übersetzt von Hans-Heinrich Busse. Umschlagentwurf: Saulius Bajorinas, Layout Rima Karaliene. Im Litauischen Original "Irklais pro spygliuotą tvorą", Versus Aureus Leidykla, Vilnius 2017. Deutsche Ausgabe im Selbstverlag 2021.

Info zum Buch: 

Im Herbst des Jahres 1961 gewannen neun junge Litauer - aus dem Ruderverein Žalgiris Vilnius die Meisterschaften der UdSSR im Achter und wurden in die sowjetische Nationalmannschaft eingeladen. Obwohl sie sehr wichtige internationale Wettkämpfe vor sich hatten, wurden sie von den Echos der Nachkriegszeit auf Schritt und Tritt verfolgt. Die politischen Meinungen ihrer Eltern oder Angehörigen, ihre Zusammenarbeit mit Partisanen und ihre Beziehungen zum Militär des vorher unabhängigen Litauens waren Gründe für den KGB, sie daran zu hindern, ins Ausland zu reisen oder sie sogar aus der Mannschaft auszuschließen. So über Bord geworfen, bildeten die jungen Männer neue Mannschaften, bereiteten sich auf Wettbewerbe vor und starteten auf Regatten innerhalb der UdSSR. Dank der Beharrlichkeit, der Entschlossenheit der Ruderer und durch glückliche Zufälle hob der KGB im Jahr 1963 seine Beschränkungen für internationale Reisen auf. Sie konnten sich schließlich durchsetzen und gewannen das Recht, 1964 an den Olympischen Spielen in Tokio teilzunehmen.

Donnerstag, 24. Februar 2022

Sabine Bock: Herrenhäuser in Estland

Mõisad Eestis. Eine kurze Übersicht zur Entwicklung ihrer Formen und zu ihrer Geschichte / Lühike ülevaade ajaloost ja ehitusvormide arengust. Ins Estnische übersetzt von Sigrid Parts, mit Fotos von Thomas Helms. Zweisprachige Ausgabe, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2020. 128 Seiten, ISBN 978-3-944033-29-7, 24,80 Euro. 

Verlagsinfo:
Die 1918 gegründete und 1991 wiedererstandene Republik Estland ist ein Teil der historischen Kulturlandschaft des Ostseeraumes. Sie umfasst das historische Estland, das nördliche Livland sowie die Inseln Ösel und Dagö. Bis zur Erlangung der Selbstständigkeit und zuletzt abermals zwischen 1940 und 1991 wurden das Land und seine Bewohner von wechselnden Mächten fremdbestimmt. Zunächst waren es mit der Christianisierung die Dänen und der deutsche Schwertbrüderorden, dann gelang es schon im 13. Jahrhundert dem Deutschen Orden, weite Teile des Landes in seinen Machtbereich zu integrieren. Die Reformation brachte das Ende des Deutschordensstaates und ­weckte unterschiedliche Begehrlichkeiten. Nordestland unterstellte sich selbst dem Königreich Schweden, Livland kam als Herzogtum zur Adels-Republik Polen-Litauen und die Insel Ösel wurde dänisch. 1629 eroberte Schweden auch Ösel und Nordlivland, doch 1721 gelang es dem russischen Zarenreich, Estland, Ösel und Schwedisch-Livland zu russischen Provinzen zu machen. Zwischen 1795 und 1918 gehörte das ganze Baltikum zum Russischen Reich. Die dann entstehende Republik Estland brachte mit einer Unterbrechung das Ende der Fremdherrschaft.
Die Ostsee war seit dem Mittelalter der wichtigste Verkehrs- und Han­dels­weg zwischen den angrenzenden Ländern und Regionen. Um die Herr­schaft über sie zu gewinnen, wurden immer wieder Kriege geführt, die auch Estland vielfach zum Kriegsschauplatz werden ließen.
Seit der Frühen Neuzeit wurde die Landwirtschaft des Ostseeraums durch die Gutswirtschaft charakterisiert. Die ausgedehnten Flächengüter machten deren Gutsherren fast konkurrenzlos. Nur in Schweden gab es neben den großen Gutshöfen auch immer eine größere Zahl eigenständig wirtschaftender Bauern.
Die Zentren der ritterschaftlichen Güter waren die Herrenhäuser, deren Entwicklungsgeschichte im Folgenden aufgezeigt werden soll. Sowohl der Kultur- und Wissensaustausch über die Ostsee als auch die sich häufig ändernden Machtverhältnisse hatten einen großen Einfluss auf die Entwicklung.

Dienstag, 18. Januar 2022

Asche / Buchholz / Niendorf / Schiele / Schindling (Hrg.): Protestantismus in den baltischen Landen und in Litauen.

Nation und Konfession vom 16. Jahrhundert bis 1918. Reihe Reformationsgeschichte Studien und Texte, Band 170. Aschendorf Verlag, Münster 2021. 559 Seiten, ISBN 978-3-402-11597-8, 69,00 €. 

Verlagsinfo:
Noch in der Frühen Neuzeit gehörten die protestantisch geprägten Lande Estland, Livland und Kurland mit ihrer jeweiligen deutschen Minderheit auf der einen und das weitgehend katholische Litauen auf der anderen Seite unterschiedlichen politischen Systemen an. Ende des 18. Jahrhunderts waren sie zu Provinzen des Russischen Reiches geworden, zuletzt Kurland und Litauen 1795. Während innerhalb der kleinen deutschen Minderheit die tradierten sozialen Schranken im 19. Jahrhundert bestehen blieben, setzte mit den Nationalbewegungen von Esten, Letten und Litauern eine Dynamik ein, die im Ergebnis zur Gründung der unabhängigen „baltischen“ Republiken Estland, Lettland und Litauen am Ende des Ersten Weltkriegs führte. Seitdem wird die Region der drei „baltischen Staaten“ im Deutschen als „Baltikum“ bezeichnet. Um diese Entwicklung nachzuzeichnen und dabei möglichst viele ihrer politischen, konfessionellen und kulturellen Aspekte und Erscheinungsformen darzustellen und zu analysieren, kamen im Herbst 2013 im Tübinger Evangelischen Stift Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Disziplinen Musik-, Sprach-, und Literaturwissenschaft sowie Kunst-, Religions-, Kirchen- und Profangeschichte aus Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Schweden und Deutschland zu einem Symposion zusammen, aus dem der vorliegende Band hervorgegangen ist. 

Autoren:  Matthias Asche, Professor für Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Potsdam, Werner Buchholz, emeritierter Professor für pommersche Landesgeschichte und Landeskunde an der Universität Greifswald, Mathias Niendorf, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Greifswald, Patrick Schiele, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Anton Schindling †, emeritierter Professor für Mittlere und Neuere Geschichte (Frühe Neuzeit) an der Eberhard Karls Universität Tübingen

Samstag, 15. Januar 2022

Herbert Heinrich Beckmann: Es sind Kinder

Roman. Mirabilis Verlag, Klipphausen / Miltitz 2021. ISBN 978-3-947857-13-5, 248 Seiten, 22 Euro. 

Verlagsinfo:
Tine und Stefan sind ein Paar am Abgrund. Der dünne Faden, der ihre Beziehung noch zusammenhält, ist ihr kleiner Sohn Leon. Doch als dieser beim gemeinsamen Urlaub auf einer Insel mitten in der Baltischen See plötzlich spurlos verschwindet, stehen die beiden vor einer ganz besonderen Belastungsprobe.
Mit psychologischem Feingefühl zeichnet Herbert Heinrich Beckmann das Psychogramm einer unglücklichen Beziehung in einer Atmosphäre unerklärlicher subtiler Bedrohung. Sprachlich genau erzählt er mit stetig steigender Spannung. Das Kind geht unterdessen seinen eigenen Weg.

Sonntag, 2. Januar 2022

Ojārs Spārītis (Hg.): Dagmar Kopfstahl - Rigaer Tagebuch

Dagmar Kopfstahl: Rigaer Tagebuch 1917 bis 1920. Herausgegeben von Ojārs Spārītis. Akademische Verlagsbuchhandlung Friedrich Mauke KG, Jena 2021. Übersetzungen aus dem Lettischen von Ingūna Kvēpa. Originaltitel: "Dagmāra Kopštāla Dienasgrāmata", Jumava Riga 2020. ISBN 978-3-948259-05-1, 278 Seiten, 27 €.

Verlagsinfo: »Da dieses Jahr ein so ereignisreiches ist, beschloss ich ein Tagebuch zu führen ...« - Als die 12jährige Dagmar Kopfstahl aus Riga im März 1917 die ersten Sätze in ihr neues Tagebuch schrieb, ahnte sie noch nicht, dass sie Chronistin eines Epochenwandels werden würde. Über drei Jahre dokumentierte sie, Angehörige der deutschen Minderheit in der Ostseemetro-pole, ihren Alltag, ihre Beobachtungen und auch ihre Meinungen als am Ende des 1. Weltkrieges um sie herum in vielen Kämpfen aus einer Provinz des Russischen Zarenreiches ein neuer Staat entstand: Die Republik Lettland. Ein authentisches Stück Zeitgeschichte.

Samstag, 18. Dezember 2021

Baiba Zīle: Meister der Lügen

Roman, aus dem Lettischen übersetzt von Britta Ringer. Klak-Verlag, Berlin 2021. 444 Seiten, ISBN 978-3-948156-30-5, 19,90 €.

Verlagsinfo:
„Dieser Diamant muss funkeln. Die Schwarze Sonne muss scheinen.“
Alise und Aleksandrs wachsen am Ende der 1980er Jahre in Riga auf – zur selben Zeit, aber in ganz verschiedenen Welten. Alise ist die Tochter eines wohlhabenden Parteifunktionärs, der sich auf mysteriöse Weise das Leben nimmt. Sie lebt in ihrer eigenen Welt aus Träumen und Gefühlen, die sie durch die Sowjetzeit in das unabhängige Lettland trägt. Aleksandrs kommt aus der Provinz und freundet sich mit Kleinkriminellen an. Er flieht aus der UdSSR und wird Teil der internationalen Juwelenmafia. Sie kennen einander nicht, aber ihr Schicksal verbindet ein geheimnisvoller Mann, der sich Meister der Lügen nennt. Ein seltener Diamant, die Schwarze Sonne, führt die Lebenswege von Alise und Aleksandrs dramatisch zusammen…
„Du musst in die Lügen eintauchen, mitten hindurch, um die Wahrheit zu verstehen.“
„Woher wollen Sie das wissen?“
Der Grauhaarige lachte auf.
„Ich weiß es. Ich bin der Meister der Lügen.“
Endlich etwas Neues und Frisches in der lettischen Literatur. Baiba Zīle erzählt eine spannende Geschichte über Liebe, Verrat und Verbrechen sowie die Suche nach dem Sinn des Lebens in der jüngsten lettischen Vergangenheit.

Die Übersetzerin: Britta Ringer, geboren 1985, Studium der Baltistik und Slawistik in Greifswald und Riga. Lebt seit 2010 in Lettland und arbeitet unter anderem als freiberufliche Übersetzerin. Zu ihren Übersetzungen zählen Kurzgeschichten von Inga Žolūde, Rvīns Varde u.a. sowie Kinderbücher von Uldis Daugaviņš, Luīze Pastore, Juris Zvirgzdiņš und Māra Cielēna.

Freitag, 17. Dezember 2021

Markus Roduner (Hrsg.): Teufelsdutzend. Lyrik aus Litauen

13 Autoren und Autorinnen der jüngsten Generation litauischer Lyrik. Herausgegeben und übersetzt von Markus Roduner. Klak-Verlag, Berlin 2021,  116 Seiten, ISBN 978-3-948156-55-8, 15,00 €. 

Verlagsinfo:
Teufelsdutzend – präsentiert 13 Autoren und Autorinnen der jüngsten Generation litauischer Dichter, geboren ab dem wahrhaft symbolischen Jahr 1984. Die Auswahl der zu übersetzenden Gedichte überließ der Herausgeber Markus Roduner den Autoren.

Mindaugas Nastaravičius (*1984); Vaiva Grainytė (*1984); Lina Buivydavičiūtė (*1986); Aušra Kaziliūnaitė (*1987); Tomas Petrulis (*1987); Nerijus Cibulskas (*1987); Ramunė Brundzaitė (*1988); Ernestas Noreika (*1989); Ieva Toleikytė (*1989); Greta Ambrazaitė (*1993); Simonas Bernotas (*1993); Laura Kromalcaitė (*1995); Dovydas Grajauskas (*1996)

Samstag, 20. November 2021

Elīna Brasliņa: Mimi, Jakob und die sprechenden Hunde

Aus dem Lettischen von Matthias Knoll. Handlettering: Michael Hau. Redaktion Heike Drescher, Herstellung Anna Weißmann. Textadaption: Sanita Muižniece. REPRODUKT, Berlin 2021. (Original: "Runajošie suņi", Liels un maz, Riga 2019). ISBN 978-3-95640-296-8, 80 Seiten, 14,00 €

Verlagsinfo:
Wer hätte gedacht, dass Jakobs Aufenthalt bei seiner komischen Cousine Mimi sich als spannendes Abenteuer entpuppen würde! Denn die Moskauer Vorstadt, der heruntergekommene Stadtteil von Riga, in dem Mimi wohnt, wird von einem Rudel sprechender Hunde bewacht. Kaum ist Jakob angekommen, geht es drunter und drüber: Einer der Hunde verschwindet spurlos, und ein gieriger Geschäftsmann will die Moskauer Vorstadt in ein seelenloses Hochhausviertel verwandeln. Mimi und Jakob fackeln nicht lange und starten die Operation “Rettet die Moskauer Vorstadt!”…
Die Abenteuer der beiden Kinder und der sprechenden Hunde wurden von der Kinderbuchautorin Luīze Pastore erdacht. Ihr Buch “Maskačkas Stāsts” (“Die Geschichte der Moskauer Vorstadt”) war ein großer Erfolg in Lettland. Es wurde ins Englische übersetzt und dann von Edmunds Jansons als Zeichentrickfilm adaptiert. Elīna Braslinas Comic “Mimi, Jakob und die sprechenden Hunde” basiert lose auf dem gleichnamigen Film.

Sonntag, 14. November 2021

Semjon Hanin: aber nicht damit

Gedichte. Aus dem Russischen von Anja Utler. Edition Korrespondenzen, Wien 2021. Deutsche Erstausgabe. Zweisprachige Ausgabe. ISBN 978-3-902951-69-4, 184 Seiten, € 22,– 

Verlagsinfo:
Semjon Hanin, geb. 1970 in Riga, ist ein auf Russisch schreibender lettischer Dichter. Er ist Gründungsmitglied von Orbita, einer multimedial agierenden Gruppe russischsprachiger Dichter und Künstler aus Lettland, die national wie international Aufmerksamkeit findet. Mit »aber nicht damit« liegt erstmals ein eigenständiger Gedichtband des Autors auf Deutsch vor.

Hanins Gedichte packen uns immer ganz unmittelbar, denn vom ersten Wort an sind wir schon mittendrin im Geschehen, das sich aber erst allmählich und bruchstückhaft entfaltet. Hanin spricht von »innerer Rede«, und tatsächlich ist es in vielen Fällen so, als säßen wir mitten im Hirn der Figur, die spricht, als käme das Erfassen der Situation erst gerade in Gang. Die Formulierungen sind oft eigenartig schief angeschnitten, wollen nicht ganz passen, kippen oder brechen ganz ab. Dann tendieren sie wieder zu äußerst komischen Fallhöhen, wenn lautlich differenziert gestaltete Verse in dezidiert mündliche, floskelgesättigte Alltagsrede umschlagen oder sich von dort zu klanglich flirrenden Begriffsfügungen aufschwingen.
In den über achtzig unterschiedlichsten Sprechsituationen legt Hanin ein besonderes Augenmerk auf randständige Orte des Lebens: eine Reise mit dem gefälschten Pass, ein Esoterikerkurs, ein Heimwerker-Schwätzer begegnen uns ebenso wie ein Orakel, das leider mit dem falschen Fuß aufgestanden ist. So kommen Figuren zur Sprache, die nicht recht in die Welt passen wollen, grotesk wirken, surreal. Oder passt die surreal gewordene Welt nicht mehr zu ihnen?

Montag, 1. November 2021

Rūta Briede: Das Geheimnis der Möwenkönigin

Text und Illustration von Rūta Briede, aus dem Lettischen von Matthias Knoll. Edition Bracklo, Birkenwerder 2021. 44 Seiten, Format: 25,5 × 20,2 cm, ISBN 9783946986119, 15,80 €.

Verlagsinfo:
Liebe verleiht Flügel
Dieses wunderbare moderne Märchen aus Lettland handelt von Renata, die ein Geheimnis in sich trägt, an das sie sich selbst nicht erinnern kann. In einer „Geschichte in der Geschichte“ löst sich das Rätsel um Renata. Sie und Ludwig sind reif für die Insel.


Samstag, 23. Oktober 2021

Uta von Arnim: Das Institut in Riga

Die Geschichte eines NS-Arztes und seiner "Forschung". Eine Spurensuche. Verlag Nagel & Kimche, Zürich / München 2021. 240 Seiten, ISBN 978-3-312-01244-2, € (D) 22,00 | sFr 30,90 | € (A) 22,70. 

Verlagsinfo:
Uta von Arnim zeichnet in »Das Institut in Riga« das scharfkantige Bild eines NS-Arztes und seiner Familie. Ein Arzt, der der Großvater der Autorin war.
Herbert Bernsdorff leitet in den Jahren 1941-1944 das Gesundheitswesen der besetzten baltischen Staaten. Im Gutshaus seiner Ehefrau Edda am Stadtrand von Riga, dem Kleistenhof, gründet er das »Forschungsinstitut«. Dort dienen Juden als »Versuchskaninchen«.
Deutsche Wissenschaftler und Laborantinnen arbeiten in Kleistenhof daran, Impfstoff gegen Fleckfieber herzustellen. Eine Gruppe Juden wurde aus dem Rigaer Ghetto nach Kleistenhof geholt. Ihre Aufgabe im Institut war es, zweimal täglich mit ihrem Blut Tausende Läuse zu »füttern«, die ihnen in kleinen, unten offenen Schachteln für dreißig Minuten auf die Haut gebunden werden. Die Läuse sind zum Teil mit Fleckfieber-Erregern infiziert.
Herbert Bernsdorff saß im »Reichskommissariat Ostland«, dem deutschen Machtzentrum. Er unterstützte Gründung und Aufbau des Instituts. Zudem sorgte er dafür, dass im gesamten Baltikum Gesundheitspolitik im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie umgesetzt wurde.
Aus Gesprächen und Interviews mit Familienmitgliedern, Fotos, Archivrecherchen in Berlin und Riga, Zeitzeugenberichten und dem Studium historischer Fachliteratur werden die Geschehnisse rund um das Forschungsinstitut rekonstruiert. Zwischen die Schilderung der historischen Ereignisse setzt die Autorin subjektive Miniaturen.
Mit »Das Institut in Riga« zeigt Uta von Arnim einen Ausschnitt aus der Brutalität des nationalsozialistischen Regimes. Aus der Spurensuche einer Enkelin, die auch selbst Ärztin ist, entsteht eine ungemein eindringliche Darstellung.

Donnerstag, 21. Oktober 2021

Leelo Tungal: Genossin Kind

Roman, aus dem Estnischen übersetzt von Cornelius Hasselblatt. 655 Seiten, Plaggenhauer Verlag, Lüneburg 2021. ISBN 978-3-937949-29-1, 23,00 Euro. 

Verlagsinfo:
Mit den Augen des Kindes von damals lässt die Autorin einen Teil ihrer Kindheit Revue passieren: Als ihre Mutter von bewaffneten, russisch sprechenden Männern in schwarzen Ledermänteln abgeholt wird, verspricht diese, bald zurück zu sein, wenn die kleine Leelo brav ist. Da sich die Rückkehr der Mutter immer weiter hinzieht, nagt es in der kleinen Leelo, inwieweit sie für die Situation selbst verantwortlich ist. Hin- und hergerissen zwischen der Abneigung gegenüber allem Russischen und der Anziehungskraft der Sowjetpropaganda, wächst sie trotz allem wohlbehalten bei ihrem Vater, Großeltern, Tanten und Kindermädchen auf. Tungal versteht es, in einer faszinierenden Dichte ihre kindliche Lebenswelt im sowjetisch besetzten Estland der frühen 1950er Jahre wieder lebendig werden zu lassen.
Selbstsicher und neugierig ist die kleine Leelo, die bei ihrem alleinerziehenden und voll berufstätigen Vater das Jägerlatein der Jagdfreunde des Vaters hört oder, „zwischengeparkt“ bei Tante Anne, im Frisörsalon in die Welt der feinen Tallinner Damen hineinschnuppern darf. Der Horizont des kleinen Kindes präsentiert sich durch die Augen Leelos als grenzenloses Universum voller Eindrücke und Erlebnisse, in dem Magisches und Reales noch friedlich nebeneinander hergehen. Aber auch kindliche Furcht schafft sich Raum, diese verknüpft sich mit Erzählungen und dem Erlebten zu einer stereotypen Angst vor schwarzen Männern, die gelegentlich auftaucht, aber nie übermächtig wird. Schillernd erscheint die politische Dimension des Lebens, die die aufgeweckte Leelo schon im Vorschulalter wahrnimmt: Traditionelles Liedgut wird mit pseudosozialistischen Volten von Papa ins Festprogramm des Volkshauses geschummelt; Leelo selbst, über Radio und Kinderbücher zugleich kommunistisch sozialisiert, versteht früh, dass ihre Verwandten politisch betrachtet unsichere Kantonisten sind – wenn es darum geht, an einem warmen Sommertag ein Eis zu bekommen, scheut sie sich nicht, ihre Tante Maali mit ihrem Wissen über eine versteckte Uniform des Onkels aus der Vorkriegszeit zu erpressen.

Freitag, 15. Oktober 2021

Lafcadio Hearn: Der Junge, der Katzen malte

Text Lafcadio Hearn, Illustration Anita Kreituse. Aus dem Englischen Gabriela Bracklo. Edition Bracklo, Birkenwerder 2021. 52 Seiten (59 x 59 cm), ISBN 978 3 946986 10 2, 24,80 €. 

Verlagsinfo:
Dieses traditionelle, japanische Märchen bezeugt, dass jeder seine Bestimmung hat, auch wenn sein Ansatz noch so „nutzlos“ erscheinen mag. Wir erleben, dass Begeisterung und nimmermüde Ausdauer bei dem, was uns beseelt, schließlich aus Talent Können macht. Aus Können wird Meisterschaft und wahre Meisterschaft kann Wunder wirken.

Lettische Originalausgabe: "Puika, kas zīmēja kaķus" (Jāņa Rozes apgāds, 2017). Nach Motiven eines japanischen Märchens. Übersetzung Japanisch-Lettisch: Renāte Punka. Verlagsinfo: "Ein Buch, in dem das visuelle Bild mit dem Märchentext interagiert und die Illustrationen eigenständig eine neue Dimension bilden, welche die Fantasie der Betrachter/innen anregt und die Möglichkeiten zur persönlichen Interpretation gibt."

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Wolfgang von Stetten: Wolfskinder - Glücksmomente

30 Jahre litauisch-deutsche Begegnungen. Molino Verlag, Leonberg / Schwäbisch Hall 2021. 360 Seiten, ISBN 978-3-948696-10-8, 25 Euro.

Verlagsinfo:
Nach dem Krieg beginnt das Elend. Tausende Kinder fliehen durch die ostpreußischen Wälder nach Litauen, hungernd, frierend, oft ohne Eltern. Es ist eines der dunkelsten Kapitel unserer Zeit. Aber es gab auch die Gesten von Mitmenschlichkeit und Hilfe, es gab die litauischen Familien, die nicht nur ihr Brot teilten, sondern den „kleinen Deutschen“, die man später Wolfskinder nannte, ein neues Zuhause gaben. Wolfgang von Stetten zeigt viele Glücksmomente auf und dokumentiert den 30-jährigen Einsatz für diese lange vergessenen Kriegsopfer. Sein Buch veranschaulicht aber auch, dass man als Politiker oft unkonventionell handeln muss, will man wirklich etwas erreichen.
„Ostpreußen, Litauen, Deutschland – was ist die wirkliche Heimat? Dort, wo man geboren wurde, dort wo man aufwuchs und lange lebte, dort wo man hoffte, eine neue (alte) Heimat zu finden? Zweimal versuchte ich vergeblich, die Hilfe für die Wolfskinder auf materielle Bedürftigkeit einzuschränken. Für sie war die Unterstützung eine Art Schmerzensgeld für die Verletzungen, Balsam für die geschundenen Seelen und das Heilmittel für die nächtlichen Albträume. Es war für viele aber auch eine Genugtuung, dass sie nicht vergessen waren und andere die Pflicht des Deutschen Staates übernahmen. Auch wenn sie Wanderer zwischen drei Welten bleiben, mögen sie die innere Heimat finden!“ Wolfgang von Stetten

Mittwoch, 6. Oktober 2021

Jaan Kross: Gegenwindschiff

Bernhard Schmidts Roman. Aus dem Estnischen von Cornelius Hasselblatt und Maximilian Murmann. Mit einem Nachwort von Cornelius Hasselblatt. 430 Seiten, Osburg Verlag, Hamburg 2021. ISBN: 978-3-95510-254-8, 24,00 € (D) | € 24,70 (AT)

Verlagsinfo:
Der Roman "Gegenwindschiff" von Jaan Kross, dem bedeutendsten estnischen Schriftsteller der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, erschien 1987. Hauptperson der Erzählung, die Kross nicht als Biographie, sondern allenfalls als „romanisierte Biographie“ verstanden wissen will, ist der verschrobene Tüftler und Erfinder Bernhard Schmidt. Als Jugendlicher verliert Schmidt beim Experimentieren mit Schießpulver seine rechte Hand. Trotzdem perfektioniert er die manuelle Fertigung von Linsen und Spiegeln für astronomische Geräte und erfindet ein völlig neuartiges Spiegelteleskop, das in der Astrofotografie erfolgreich verwendet wird. Auch andere Erfindungen ersinnt dieser kreative Geist, der ab 1926 in der Sternwarte von Hamburg-Bergedorf arbeitete: das titelgebende "Gegenwindschiff" ist ein gänzlich anders geartetes Segelschiff, das besonders gut im Gegenwind Fahrt aufnimmt.
Der Roman verfolgt zwei Handlungsstränge: Im ersten erzählt Schmidt – zwischen Selbstzweifeln und Hochmut hin- und hergerissen – in der Ichform vom dramatischen Auf und Ab seines Lebens. Damit verwoben ist der zweite Strang, der die spannende Recherche des Autors wiedergibt, der Menschen aufsucht, die Schmidt noch persönlich kannten. Kross gelingt durch seine eindrucksvoll psychologische Darstellungsweise nicht nur ein beeindruckendes Porträt, sondern auch ein plastisches Panorama Deutschlands in der Zeit der Zwischenkriegsjahre von 1926 bis zu Schmidts Tod 1935.

Mittwoch, 15. September 2021

Rasa Aškinyte: Kleines Bernstein

Roman. Aus dem Litauischen von Markus Roduner. Mitteldeutscher Verlag, Halle 2021. 192 Seiten, ISBN 978-3-96311-474-8, 14.00 Euro. 

Verlaginfo:
So war es nicht, aber so hätte es sein können
- Neuentdeckung einer außergewöhnlichen litauischen Autorin
- Historische Fiktion mit philosophischem Geist
- Starke Frauen in einer patriarchalischen Gesellschaft

Späte Römerzeit – 2. Jahrhundert. Auf der Bernsteinstraße, die das Land des Volkes der Ästier an der Ostsee mit Rom verbindet, werden Bernstein, Pelze und Metalle gehandelt. Die siebenteilige Struktur des Romans – sieben Szenen, sieben Unterszenen und sieben Charaktere – balanciert das Historische, Mythische und Alltägliche aus. Die männliche Welt des Handels und der territorialen Konflikte verbindet die litauische Autorin Rasa Aškinytė mit der weiblichen, häuslichen Welt. In der für Aškinytė typischen kompakten, filmischen Prosa verflechtet sie die Schicksale zweier starker Frauen, die um ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen. Selija ist die Frau des Stammesführers der Ästier, die sich ihrer Stellung bewusst ist und sie leidenschaftlich verteidigt. Glesum (lat. für Bernstein) ist eine ehemalige Sklavin aus einer vornehmen Familie, die Gondas, der Stammesführer, von einer Handelsreise auf der Bernsteinstraße mitbrachte. Sie wird seine heimliche Geliebte. Die Spannung zwischen diesen beiden Frauen – der Ehefrau und der Geliebten –, Liebe und Hass, Ehrgeiz, der Wunsch nach Macht und Sicherheit sowie Rituale und Magie treiben die Geschichte voran, die mehr poetische Rekonstruktion als historischer Roman ist. Die Autorin versteht es die Leserschaft in eine ferne, nur wenig zugängliche Vergangenheit zu führen.

Dienstag, 14. September 2021

Antanas Sutkus: children

Text von Wladimir Kaminer, Herausgegeben von Thomas Schirmböck. Verlag Steidl, Göttingen, 1. Auflage 2021. 180 Seiten, 160 Abbildungen, Englisch / Deutsch / Litauisch. Übersetzungen Litauisch: Jolanta Ježauskaite, Lektorat Monte Pakham. ISBN 978-3-95829-709-8, 48.00 Euro. 

Verlagsinfo:
Der litauische Fotograf Antanas Sutkus hat vor allem ein Lieblingsmotiv, dem sich dieses Buch ausführlich widmet: Kinder und ihre Welt. Immer wieder kehrt Sutkus zu ihnen zurück, um die verschiedenen Facetten kindlicher Lebenswelten zu zeigen und wie diese die Welt der Erwachsenen beeinflussen. »Für mich als Fotograf ist die Kindheit die wichtigste Bühne«, hat Sutkus einmal gesagt, »Kinder leben in einer anderen Welt. Manchmal ist es mir gelungen, diese Welt zu zeigen: nicht die reale Welt, die wir gewohnt sind, sondern ihre Welt. Kinder leben nicht auf der Erde, sondern auf einem anderen Planeten.«

Auf Augenhöhe, respektvoll und doch präzise zeigt Sutkus die Kinder dieser Welt: gemeinsam mit ihren Eltern und Verwandten, mit Freundinnen und Freunden oder beim Spielen oder Lernen in der Schule. Er fängt die schönen Seiten wie auch die Entbehrungen des Kindseins ein, die Schwierigkeiten des Heranwachsens, Einsamkeit und Zusammenhalt, sowie jene unvermeidbaren Krisen der Kindheit, die ein Erwachsenenleben vielleicht für immer prägen. Für Sutkus leben Kinder nicht in einem Paradies, sondern in einem anderen Universum – einer Lebensphase, die Menschen jenseits ihrer nationalen und kulturellen Grenzen verbindet.

Montag, 13. September 2021

Antanas Sutkus: pro memoria

Herausgegeben von Thomas Schirmböck. Steidl Verlag, Göttingen, 1. Auflage 2020. 128 Seiten, 86 Abbildungen, Englisch / Litauisch. Übersetzungen: Sandra Bernotaite (Litauisch), Caryl Swift (Englisch), Edita Gudišaukaite (Polnisch-Litauisch). Lektorat Monte Packhan (Englisch). ISBN 978-3-95829-640-4, 35.00 Euro

Verlagsinfo:
Der 1939 geborene Antanas Sutkus erfuhr von seinen Großeltern bereits während des Zweiten Weltkriegs von der Massentötung der Juden. Er distanzierte sich von der Demütigung und Zerstörung der Menschlichkeit in seinem Heimatland Litauen und empfand Scham und Schuldgefühle für die Gräueltaten, die hinter den Toren des Ghettos Vilijampole und des Neunten Festung begangen wurden. Während der „Sonderaktion 1005“ zwischen 1942 und ’44 versuchte die deutsche Besatzungsmacht, die Relikte der Opfer zu beseitigen. 1988 begann Sutkus, die Juden aus Kaunas zu fotografieren, die dem Tod in den Konzentrationslagern entkommen waren; Pro Memoria präsentiert eine Auswahl dieser Porträts und belegt die Beziehungen, die Sutkus zu den dargestellten Personen geknüpft hat.

Bereits zur Zeit des Großfürsten Gediminas (1275–1341), der aus verschiedenen europäischen Staaten Kaufleute und Handwerker nach Litauen einlud, wurde den Juden dort Schutz und Unterstützung geboten. In den folgenden 600 Jahren haben sie durch ihre Leistungen und Gebete, Druckwerkstätten und Synagogen, Bibliotheken und Turnhallen, Lieder und Legenden in Litauen Wurzeln geschlagen. Dieser lebendige Zweig der litauischen Kulturgeschichte wurde dann gewaltsam zerstört, 200.000 Juden ermordet und an Waldrändern, Steinbrüchen und Todeslagern in Gruben geworfen. Dieses Buch ist eine Hommage an diese Menschen und ein Ausdruck von Bemühungen um Verständnis, Buße, Reinigung und Wiedergeburt.

Sonntag, 12. September 2021

Antanas Sutkus: Planet Lithuania

Herausgegeben von Thomas Schirmböck. Steidl Verlag, Göttingen, 1. Auflage 2018, 2. Auflage 2021. 272 Seiten, Englisch / Deutsch / Französisch / Litauisch. Übersetzungen: Sandra Bernotaite, Jolanta Jezauskaite (Litauisch), Monte Packham (Englisch), Petra Gaines (Deutsch), Jean-Christophe Vigneau, Marielle Vitureau (Französisch). ISBN 978-3-95829-512-4, 38.00 Euro. 

Verlagsinfo:
Dieses Buch ist ein reichhaltiger Überblick über Antanas Sutkus’ Fotos der Bevölkerung seiner Heimat Litauen während der Besetzung durch die Sowjetunion. Sutkus ist vor allem ein humanistischer Fotograf, sein „Kosmos“ sind seine Mitbürger: Kinder, Liebende, Alte; wie sie sich mit Moderne und Tradition, Natur und Stadt auseinandersetzen und ihre Identität ausdrücken – alles in einem offenen, einfühlsamen Stil, der fernab sowjetischer Ideale das Fundament der litauischen Fotoschule bildet.

Indem Sutkus ein Leben in Würde und Integrität hinter dem Eisernen Vorhang enthüllt, ist Sutkus' Werk ebenso politisch wie persönlich, ein Beweis dafür, wie Litauen sein kulturelles Selbst gegen die Sowjetunion behauptet, die das Land vom Zweiten Weltkrieg bis 1990 besetzte. Der Kampf hat inzwischen Früchte getragen: 2004 wurde Litauen sowohl Mitglied der NATO als auch der Europäischen Union und ist heute eine der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Europas.

Samstag, 11. September 2021

Neringa Naujokaite: Art Deco

Eine künstlerische Reflexion über den Umgang mit historischer Bausubstanz. Autorinnen: Dr. Monika Krikštopaitytė, Dr. Giedrė Jankevičiūtė, Hrsg.: Neringa Naujokaite. Kettler Verlag, Dortmund 2021, 336 Seiten. ISBN 978-3-86206-924-8, 48,00 Euro. 

Verlagsinfo:

Die Dia- und Videoinstallation Art Deco der litauischen Künstlerin Neringa Naujokaite visualisiert den Restaurierungsprozess einer Wohnung aus der Zwischenkriegszeit in ihrer Heimatstadt Kaunas. Das Buch dokumentiert die umfangreiche Installation, die in ihrer räumlichen Form nur temporär existierte. Gleichzeitig fasst es das über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren von der Künstlerin gesammelte Bild- und Textmaterial zusammen und gibt den komplexen Prozess der authentischen Rekonstruktion des Interieurs wieder.

Neringa Naujokaite (* 1966) studierte an der staatlichen Kunstakademie Vilnius und an der Kunstakademie Düsseldorf. Anschließend absolvierte sie 2003 den Postgraduiertenstudiengang „Audiovisuelle Medien“ an der Kunsthochschule für Medien Köln. Im Fokus ihrer Arbeiten stehen soziale und urbane Räume. Ihr Projekt Art Deco befasst sich mit der Haltung der heutigen litauischen Gesellschaft gegenüber ihrem architektonischen Erbe, das zunehmend von Verfall und Abriss bedroht ist.

Mittwoch, 11. August 2021

Guido Lange: Abenteuer Baltikum

Mein Lauf 2000 km an der Ostseeküste. Ampel Publishing, Nörtershausen 2021. 

Verlagsinfo:
"Das Abenteuer Baltikum ist mein ganz persönlicher Lebenslauf. Er hat mich für immer verändert. In 107 Tagen reiste ich in Laufschuhen entlang der Ostseeküste von Stralsund nach Tallinn. Ohne Begleitung konnte ich mich ganz der Natur, den Menschen und ihren Kulturen widmen. Aus Fremden wurden Freunde, aus Erwartung wurde Wirklichkeit, aus Wagemut wurde Selbstvertrauen. Trubelige Urlaubsorte und einsame Gegenden erlebte ich, genussvolle Pausentage in den Städten wechselten sich mit enthaltsamen Lauf- tagen ab. Ich spürte die Mystik des Baltikums, den Zauber unberührter Natur und die Vielfalt der Menschen in sieben Ländern. Ich fand, was ich suchte, Erlebnisse, Ruhe und nicht zuletzt viel Neues über mich selbst." (Guido Lange, Autor)

Kapitelübersicht
Wieso, weshalb, warum? (Gründe)
Funke, Sehnsucht, Reiselust (vom Anfang)
Was brauche ich denn so? (Über die Ausrüstung)
Auf ins Baltikum! (Das Laufkapitel)
Gesund und munter! (Laufen und Gesundheit)
Iss was! (Essen im Baltikum)
Wohin des Wegs? (Straßen, Wege, Orte im Baltikum)
Reisende soll man nicht aufhalten (Begegnungen mit anderen Baltikumreisenden)
Jede Jeck is anders! (Die Menschen im Baltikum)
Wo man singt, da lass dich nieder (Das Kulturkapitel)
Wie schön ist‘s auf dem Land (Landschaft und Regionen)
Was bleibt? (Eine Nachbetrachtung)

Dienstag, 6. Juli 2021

Ralf Jörg Raber: Beliebt bei älteren Damen und jüngeren Herrn

Paul O'Montis - Biografie eines Vortragskünstlers. Metropol Verlag, Berlin 2021, ISBN: 978-3-86331-578-8, 272 Seiten, 22 Euro. 

Verlagsinfo:
Paul O’Montis (1894–1940) gehörte in den „Goldenen Zwanziger Jahren“ zu den Stars der deutschsprachigen Kabarett- und Kleinkunstszene. Die größten europäischen Schallplattenfirmen hatten ihn unter Vertrag, seine Schlager und Chansons liefen, auch live, im Radio. Er tourte durch halb Europa, verzauberte sein Publikum in den Metropolen ebenso wie in der Provinz. Er gehörte zu den Ersten, die dank Mikrofontechnik den popmusikalischen Liedvortrag modernisierten und die dem Tabu Homosexualität, sexuelle Diversität und Genderthematik im kommerziellen Pop Ausdruck verliehen. Doch seinen Ruhm konnte er nur kurz genießen: Der Machtantritt der Nazis setzte seiner Karriere in Deutschland ein jähes Ende. Paul Wendel, wie O’Montis bürgerlich hieß, war schwul. Er kam ins Gefängnis und emigrierte nach verbüßter Haft. Im Exil fand er eine innere wie äußere Freiheit, die „ansteckend“ war und Homosexuelle in seine Konzerte zog. 1939 wurde Paul O’Montis in Prag verhaftet, 1940 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt und dort ermordet.

enthält folgende Kapitel: Anfänge in Riga, Künstlerreise durch Lettland. 

Inhaltsverzeichnis



Freitag, 4. Juni 2021

Brüggemann / Tuchtenhagen / Wilhelmi (Hrsg.): Das Baltikum - Band 3

Karsten Brüggemann, Detlef Henning, Konrad Maier, Ralph Tuchtenhagen (Hrsg.): Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region. Band 3: Die Staaten Estland, Lettland und Litauen. Anton Hiersemann Verlag, 2020. Im Auftrag des Nordost-Institutes (IKGN e. V.) in drei Bänden herausgegeben von Karsten Brüggemann und Ralph Tuchtenhagen. ISBN 978-3-7772-2013-0, 743 Seiten, 98,00 Euro. 

Verlagsinfo:
Das wissenschaftliche Handbuch „Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region“ erfasst erstmals in deutscher Sprache die gesamte Geschichte des Baltikums von den Anfängen bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts. Ein internationales Autorenteam, vor allem aber Historikerinnen und Historiker aus Estland, Lettland und Litauen, geben einen fundierten Einblick in die Vergangenheit der drei Staaten in ihren europäischen Bezügen und transnationalen Verflechtungen, ohne dabei die bedeutenden Unterschiede konfessioneller, sprachlicher und kultureller Natur innerhalb des Baltikums aus den Augen zu verlieren.

Mit Beiträgen von Karsten Brüggemann, Christoph Dieckmann, Tobias Etzold, David Feest, David J. Galbreath, Saulius Grybkauskas, Jörg Hackmann, Detlef Henning, John Hiden (†), Andres Kasekamp, Olaf Mertelsmann, Česlovas Laurinavičius, Andrejs Plakans, Ulrich Prehn, Axel Reetz (†), Valters Ščerbinskis, David Smith, Geoffrey Swain, Joachim Tauber, Ralph Tuchtenhagen, Sigita Urdze, Elena Zubkova

Mittwoch, 19. Mai 2021

Brüggemann / Henning / Maier / Tuchtenhagen (Hrsg.): Das Baltikum - Band 2

 Karsten Brüggemann, Detlef Henning, Konrad Maier, Ralph Tuchtenhagen (Hrsg.): Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region. Band 2:  Vom Beginn der Frühen Neuzeit bis zur Gründung der modernen Staaten . Anton Hiersemann Verlag, 2021. Im Auftrag des Nordost-Institutes (IKGN e. V.) in drei Bänden herausgegeben von Karsten Brüggemann und Ralph Tuchtenhagen. ISBN 978-3-7772-2100-7, 776 Seiten, 98,00 Euro.

Verlagsinfo:
Das Baltikum bildet in der europäischen Geschichte eine umstrittene Grenzlandschaft, in der multiethnische Bevölkerungen häufig Machtwechsel und kulturellen Wandel bewältigten. In Band 2 des dreibändigen Handbuches zeichnen 22 Autoren aus sieben Ländern in 23 Kapiteln diese wechselvolle Geschichte vom Ende des baltischen Mittelalters (1561) bis zur Entstehung moderner Nationalstaaten im 20. Jahrhundert (1918) nach. Für diese sehr lange Neuzeitepoche stehen die polnische, dänische und schwedische Herrschaft im Baltikum, später die sogenannten »baltischen Ostseeprovinzen« als Teil des Russländischen Reiches im Mittelpunkt der Darstellung. Dabei werden im Inneren die Konflikte zwischen deutschen und polnischen Oberschichten sowie den bäuerlichen Schichten, später Nationalbewegungen der Esten, Letten und Litauer, ebenso berücksichtigt wie der Wandel der kulturellen, agrarökonomischen, städtegeschichtlichen und konfessionellen Verhältnisse.

Mit Beiträgen von Hans-Jürgen Bömelburg, Karsten Brüggemann, Bogusław Dybas, Andreas Fülberth, Gregory L. Freeze, Aleksandr Gavrilin, Detlef Henning, Jürgen Heyde, Mārīte Jakovļeva, Torkel Jansson, Paweł A. Jeziorski, Enn Küng, Jan Kusber, Mati Laur, Vejas Gabriel Liulevicius, Kersti Lust, Zita Medišauskienė, Mathias Niendorf, Darius Staliūnas, Ralph Tuchtenhagen, Pärtel Piirimäe, Bradley Woodworth

Dienstag, 18. Mai 2021

Brüggemann / Henning / Maier / Tuchtenhagen (Hrsg.): Das Baltikum - Band 1

Karsten Brüggemann, Detlef Henning, Konrad Maier, Ralph Tuchtenhagen (Hrsg.): Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region. Band 1: Von der Vor- und Frühgeschichte bis zum Ende des Mittelalters. Anton Hiersemann Verlag, 2018. Im Auftrag des Nordost-Institutes (IKGN e. V.) in drei Bänden herausgegeben von Karsten Brüggemann und Ralph Tuchtenhagen. ISBN 978-3-7772-1825-0, 651 Seiten, 98,00 Euro.

Verlagsinfo:
Das wissenschaftliche Handbuch „Das Baltikum. Geschichte einer europäischen Region“ erfasst erstmals in deutscher Sprache die gesamte Geschichte des Baltikums von den Anfängen bis zum Anfang des 21. Jahrhunderts. Ein internationales Autorenteam, vor allem aber Historikerinnen und Historiker aus Estland, Lettland und Litauen, geben einen fundierten Einblick in die Vergangenheit der drei Staaten in ihren europäischen Bezügen und transnationalen Verflechtungen, ohne dabei die bedeutenden Unterschiede konfessioneller, sprachlicher und kultureller Natur innerhalb des Baltikums aus den Augen zu verlieren.

Band 1, herausgegeben von Karsten Brüggemann, Ralph Tuchtenhagen, Detlef Henning und Konrad Maier, behandelt die naturräumlichen Rahmenbedingungen, die zur Besiedlung des Baltikums in vorgeschichtlicher Zeit führten, die Entwicklung sozioökonomischer, politischer und kultureller Verbände, die Eroberung des Baltikums durch die Nachbarmächte in der Zeit um 1200 und die Ausformung weltlicher und geistlicher Herrschaften zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert. Den Abschluss bildet der Übergang zur Neuzeit, der im baltischen Raum durch den Livländischen Krieg, die Reformation und die Auflösung der vom Deutschen Orden dominierten Territorien markiert war. 

Mit Beiträgen von Karsten Brüggemann, Aleksandr I. Filjuškin, Cornelius Hasselblatt, Tiina Kala, Juhan Kreem, Hansjörg Küster, Christian Krötzl, Andris Levans, Konrad Maier (†), Ilgvars Misāns, Mathias Niendorf, Rimvydas Petrauskas, Inna Põltsam-Jürjo, Anti Selart, Andris Ŝnē, Ralph Tuchtenhagen, Matthias Thumser, Heiki Valk