Freitag, 31. Juli 2020

Krišjānis Zeļģis: Wilde Tiere

Gedichte. Aus dem Lettischen von Adrian Kasnitz. Parasitenpresse Köln 2020, 78 Seiten, 12,- €

Verlagsinfo:
Nüchtern, fast unterkühlt beobachtet und notiert der lettische Dichter Krišjānis Zeļģis Alltag und Leben in seinem Gedichtband Wilde Tiere. Manchmal so akribisch, dass man den Eindruck hat, er steht neben sich selbst, beobachtet und beschreibt, was gerade mit ihm und den Personen um ihn herum passiert, zum Beispiel einem Paar beim Ausflug an den See. Bei Familienfeiern, Treffen mit alten Freunden, zufälligen Begegnungen bei Bus- und Bahnfahrten stellt sich schnell ein Gefühl der Entfremdung ein, „ich fürchte ich kenne diese Leute nicht“. Im Kapitel „die Fachmänner“ werden Menschen und ihre Berufe fast wie Tiere im Zoo präsentiert. Jeder Fachmann wundersamer als der andere. Vertrauter wirken da die wilden Tiere, die uns in der Landschaft begegnen: „in der Nacht kam ein Hund und setzte sich zu uns“. Wenigstens die Tiere könnten unsere Freunde sein, wären die Menschen nicht so bösartig und hockten auf dem „Hochsitz im Wald / wo du alle leichtgläubigen Tiere abknallen kannst“.
Fremdheit, Leere, Trauer sind wiederkehrende Themen der Gedichte. Längst Verdrängtes poppt ungefragt auf, wenn der Gesang eines „bös verschlagenen Vogels“ plötzlich daran erinnert, dass der Bruder im See ertrunken ist. Auch an einem wohl vertrauten Ort kann sich die Abwesenheit von Dingen wie ein schwarzes Loch auftun und alles verschlingen, wie im folgenden Gedicht aus dem Band.

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